11. Forschungskolloquium
Das elfte Forschungskolloquium des universitären Potentialbereichs Region und Stadt fand am Mittwoch, den 11. Mai 2022, zum Leitthema „Regenwassermanagement und Hochwasserschutz im Siedlungsgefüge I“ statt. Das Forschungskolloquium fand wiederholt über Zoom statt.
Zunächst präsentierte Timo C. Dilly (Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft), das Forschungsprojekt „Smarte und verlässliche Wasser- und Abwasserinfrastruktursysteme für unsere Zukunftsstädte in Indien und Deutschland“, welches eine Projektlaufzeit von März 2018 bis März 2022 hatte und von dem Indo-German Science and Technology Centre (IGSTC) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde. Die Projektbearbeitung erfolgte dabei durch die Fachgebiete Ressourceneffiziente Abwasserbehandlung und Siedlungswasserwirtschaft der RPTU in Kooperation mit vier Partneraus Deutschland und Indien.
Das Ziel des abgeschlossenen Forschungsprojektes war die Untersuchung und Bewertung existierender Planungsmethoden und Smart City Konzepten im Bereich eines nachhaltigen Wassermanagements. Aus der Zielstellung wurde die Entwicklung von Planungsmethoden und Planungstools abgeleitet, welche daraufhin ihre Anwendung in den Pilotgebieten fanden. Durch das Projekt konnten so Methoden und Tools bereitgestellt und veröffentlicht sowie Planer und Entscheidungsträger unterstützt werden.
Als zentrale und zukünftige Herausforderungen für die Zielerreichung wurden die Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung, der Klimawandel sowie eine Ressourcenknappheit ausgemacht. Nach Treffen, Workshops und einer Literaturrecherche, kristallisierte sich heraus, dass es für wassersensible Städte einen integrierten Ansatz benötigt. Deshalb wurden Flowcharts mit drei verschiedenen Ausgangspunkten (Nachhaltige Wasserversorgung, Nachhaltiges Regenwassermanagement und Ressourcenorientierte Abwasserbehandlung) entwickelt. Der Fokus der Präsentation wurde hierbei auf das Regenwasser(-management) bei wassersensiblen Städten im Bestand gelegt. Bei einer solchen Betrachtung des Regenwassers ist entscheidend, dass mit der Wasserknappheit, dem Wasserhaushalt, der Hitzeinseln und der Überflutungsgefährdung vier Analysen durchgeführt werden. Weiterhin ist wesentlich, dass bei einer (möglichen) Wasserknappheit immer von einer zukünftigen Entwicklung ausgegangen wird, um vorausschauend planen zu können. In dem Zusammenhang der Regenwasseranalyse wurde ein Studienprojekt vorgestellt, bei dem u.a. kartografisch verschiedene Analysen dargestellt wurden, aus denen Karten mit Überflutungsgefahr sowie Karten mit Hitzeinseln hervorgingen. Besonders bei der Analyse des Wasserhaushalts wurde deutlich, dass die örtlichen (baulichen) Gegebenheiten maßgeblich Einfluss auf den Wasserhaushalt haben. In diesem Zusammenhang wurden die Probleme der Verdunstung, der Versickerung und des Abflusses dargestellt. Lösungen hierfür wären sog. blau-grüne-Infrastrukturen oder verschiedene Begrünungsarten (Fassaden-/ Dachbegrünung, Straßenbegleitgrün etc.). Für das Pilotprojekt wurde eine Wasserhaushaltsbilanz durchgeführt. Dabei wurden die Unterschiede zum natürlichen Zustand aufgedeckt. Für einen Lösungsansatz und eine potentielle Verbesserung dieser Situation wurden daraufhin Maßnahmen aufgezeigt und im letzten Schritt auch analysiert, wie und ob Regenwasser behandelt werden sollte. Schließlich wurde kurz das kaum bis nicht vorhandene Regenwassermanagement in ausgewählten Regionen Indiens vorgestellt, bei dem eine Neuplanung angestrebt wird.
In der anschließenden Diskussion thematisierten die anwesenden WissenschaftlerInnen die „Smarte Komponente“ des Forschungsprojekts und inwiefern die Ergebnisse daraus bereits als Entscheidungsunterstützungssystem nutzbar sind. Weiterhin wurde diskutiert, wie in dem Forschungsprojekt der Begriff Smart City definiert und ausgelegt wurde. Abschließend wurde thematisiert, dass eine Kooperation mit einem außereuropäischen Land zu einem gesteigerten Lerneffekt für beide Länder führen kann und Forschungsprojekte dahingehend mehr (finanzielle) Unterstützung benötigen.
Darauf präsentierten Teresa Engel (Institut für Mobilität & Verkehr) und Jonas Neumann (Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft) das ebenfalls abgeschlossene Forschungsprojekt „SENSARE – Sensorbasierte Stadtgebietsanalyse für Starkregengefährdung zur Warnung und Resilienzverbesserung der Verkehrsinfrastruktur“, welches eine Laufzeit von Oktober 2018 bis Dezember 2021 hatte.
Zuerst wurde eine Projektübersicht gegeben, wozu der Hintergrund sowie die Problemstellung zählten. Dabei wurden historische Starkregenereignisse in Berlin sowie die Problemstellungen mit einem allgemein hohen Versiegelungsgrad, einem hohen Schadenspotential durch dichte Bebauung sowie der Schwierigkeit Starkregen vorherzusagen, auch vor dem Hintergrund, dass die Häufigkeit dieser zunimmt, thematisiert. Aus diesen Problemstellungen folgte die Idee für das Projekt SENSARE, das darauf ausgelegt wurde, dass Gefahrenpotentiale lokaler Überflutungen verortet werden und daraufhin Detailuntersuchungen von Hotspot-Senken mittels Sensornetzwerken (sowie Abfluss- und Verkehrsmodellierung) vorgenommen werden konnten. Die Ergebnisse wurden daraufhin auf eine Onlineplattform gestellt, sodass Informations- und Warndienste auf diese Daten zurückgreifen können. Nach der Projektübersicht wurde ein Einblick in die Thematik von Überflutungskarten für die Verkehrslenkung gegeben. Anhand einer Clusterung von möglichen Überflutungsszenarien konnten mithilfe einer darauffolgenden GIS-basierten Auswertung maßgebende Überflutungskarten erstellt werden, die die untersuchten Gebiete mit schwacher, mittlerer und starker Überflutung in drei Gefährdungsstufen einordnete. Anschließend wurde mittels Modellierung, Wirkungsabschätzung und Routenempfehlung Einblicke in die Verkehrslenkung gegeben. In der Modellierung wurden u.a. verkehrlich kritische mit überflutungskritischen Strecken überlagert, sodass mehrere die Verkehrslenkung betreffende Aspekte abgebildet werden können. Ziel war dabei Maßnahmen und Konzepte zu entwickeln, die die Aufrechterhaltung des Verkehrsfalles im Überflutungsfall ermöglichen. Als Einflussfaktoren für eine senkenbezogene Analyse, um jene Maßnahmen und Konzepte zu entwickeln, wurden u.a. die Auswirkungen der Höhe des Wasserstandes auf den Straßen, die allgemeine Befahrbarkeit der Straßen sowie Aspekte wie ehemalige Feuerwehreinsätze oder U-Bahn-Eingänge miteinbezogen. Die Ergebnisse aus dieser Analyse wurden dazu verwendet, um mögliche Alternativstrecken für BOS-Fahrzeuge (Behörden und Organisation mit Sicherheitsaufgaben) zu entwickeln und darzulegen. Abschließend wurden neben Alternativstrecken auch Handlungsempfehlungen über einen Leitfaden entwickelt, die allgemeine Hinweise und Empfehlungen enthalten und sich an Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, sowie an den öffentlichen Personennahverkehr und den Individualverkehr richten.
In der anschließenden Diskussion thematisierten die anwesenden WissenschaftlerInnen den Begriff der Smart City und welchen Anteil das Forschungsprojekt an einer Smart City Strategie hat. Weiterhin wurde die Vorgehensweisen von Kartenerstellungen sowie der manuelle Aufwand dieser thematisiert. Schließlich wurde diskutiert, ob sich die Ergebnisse aus dem Projekt eignen, um daraus ein neues Planungstool ableiten zu können, sodass eine Anwendung auf andere Gebiete ebenfalls möglich wäre.