16. Forschungskolloquium
Das sechzehnte Forschungskolloquium des universitären Potentialbereichs Region und Stadt fand am Mittwoch, den 05. Juli 2023, zum Leitthema „Planungskulturen“ wiederholt über Zoom statt.
Benjamin Blaser und Nino Pfundstein präsentierten das Teilprojekt Planning Borderlands aus dem Verbundprojekt Linking borderlands – Dynamiken grenzregionaler Peripherien. Benjamin Blaser hat Urbanistik in Weimar und Stadt- und Regionalentwicklung in Kaiserslautern studiert. Seit seinem Abschluss arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Internationale Planungssysteme (IPS) des Fachbereichs Raum- und Umweltplanung an der RPTU. Nino Pfundstein arbeitet seit seinem Abschluss des Masterstudiums Stadt- und Regionalentwicklung als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Regionalentwicklung und Raumordnung des Fachbereich Raum- und Umweltplanung an der RPTU.
Linking Borderlands ist ein Verbundvorhaben, welches darauf abzielt, einen Fokus der Regionalstudien auf europäische Grenzregionen als Kontaktzonen und Übergangsbereiche an nationalstaatlichen Rändern zu richten. Dadurch können fortbestehende Entwicklungspfade sowie Umbrüche in sogenannte Borderlands beleuchtet werden. Projektpartner sind die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU), die Universität des Saarlandes (UdS), die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) (EUV) und die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg. Die Projektförderung liegt beim Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Projektlaufzeit erstreckt sich über den Zeitraum von April 2021 bis März 2024. Das Teilprojekt „Planning Borderlands“ ist im Zeitraum von Juni 2021 bis März 2024 angesetzt und das Team besteht aus Mitarbeitenden des Lehr- und Forschungsgebiet Internationale Planungssysteme und dem Lehrstuhl Regionalentwicklung und Raumordnung.
Ziel des Projektes ist die Analyse und der Vergleich der Raumplanungssysteme Frankreichs, Polens und Deutschlands in Bezug auf den Auftrag und der Rolle der Raumentwicklung zur Sicherung der Daseinsvorsorge. Zudem werden die Planungskulturen in den Teilregionen analysiert, um empirische Grundlagen und Theorien weiterzuentwickeln. Auf diesen Analysen aufbauend sollen Strategien und auch Handlungsempfehlungen für Akteur:innen der Raumentwicklung zur Sicherung der grenzüberschreitenden Daseinsvorsorge entwickelt werden. Neben der Zielsetzung wurden auch Forschungsfragen des Projektes vorgestellt. Beispielsweise: Inwiefern unterscheidet sich das Begriffsverständnis von Daseinsvorsorge, die damit verbundenen Ziele in den Teilregionen?oder Welche Erkenntnisse können für zukünftige grenzüberschreitende Kooperationen aus dem Vergleich gezogen werden?
Die Vortragenden sind anschließend auf den theoretisch-konzeptionellen Rahmen des Projektes eingegangen und haben drei Definitionen für Planungskulturen vorgestellt. Eine Definition beschreibt Planungskulturen als wie folgt: “Planning culture encompasses the societal aspirations towards planning – its processes and its outcomes. It refers to the values and shared beliefs of stakeholders involved in planning, and the methods and tools they are applying and producing. Planning cultures are not static but constantly evolving in line with societal changes or planning related challenges. Planning culture as we see it can be attached to specific territorial entities, be they nations, sub-nations, regions, or cities most likely but not necessarily within administrative boundaries. In addition, it can be attributed to cities or regions having to face specific planning problems.” (Pallagst et al, 2021, S. 177).
Ausgewählte Ergebnisse der Dokumentenanalyse wurden ebenfalls vorgestellt: Hierbei wurden das deutsche, französische und polnische Planungssystem erörtert und voneinander abgegrenzt. Unterschiede lassen sich besonders in den verschiedenen Planungsdokumenten erkennen, daher wurden beispielsweise das SRADDET Région Grand Est und das SCoT de l´Arrondissement de Sarregumines des französischen Planungssystem näher vorgestellt. Neben den Plänen auf französischer Seite wurden auch polnische und deutsche Planungsdokumente gezeigt. Zusätzlich zu den Planungsdokumenten der einzelnen Länder gibt es auch grenzüberschreitende Planungsdokumente. Eine besondere Bedeutung in den grenzüberschreitenden Planungsdokumenten wird der Daseinsvorsorge zugeschrieben. In einem von sieben Dokumenten hat Daseinsvorsorge ein eigenes Kapitel, in drei weiteren wird sie thematisiert und in den anderen wird das Thema unter ähnlichen Begriffen oder in Form von mehreren Teilbereichen aufgegriffen.
Im Rahmen einer Exkursion im deutsch-polnischen Grenzraum wurden einige Expert:innen befragt und zahlreiche Interviews durchgeführt. Darunter unter anderem die Regionale Planungsgemeinschaft Oderland-Spree, der Landkreis Spree-Neiße-Bober und die Euroregion Pro Europa Viadrina. Auch im deutsch-französischen Grenzraum wurde eine Exkursion mit Interviews durchgeführt. Unter anderem fanden Interviews mit Expert:innen der Planungsgemeinschaft Westpfalz, dem Regionalverband Saarbrücken und dem Eurodistrict Saar Moselle statt.
Vergleicht man das Rollenverständnis der Raumentwicklung der drei Länder sind Unterschiede zu erkennen. In Frankreich enthält es die Gewährleistung des gleichwertigen Zugangs zu services publics, in Deutschland die Gewährleistung der Daseinsvorsorge und in Polen gibt es keinen Gewährleistungsauftrag, allerdings die Beachtung der Belange des öffentlichen Interesses.
Anschließend wurden die aktuellen Herausforderungen auf Grundlage der Einschätzungen der Interviewpartner:innen genannt: Deutsche und französische Exper:innen nannten den Fachkräftemangel als aktuelle Herausforderung, dieser ist zudem auch eine grenzüberschreitende Herausforderung. Auf polnischer Seite wurde beispielsweise als aktuelle Herausforderung die Entwicklung kleiner Kommunen in Abhängigkeit von großen Kommunen genannt.
Darauf folgte ein Ausblick auf das Planspiel im Rahmen des Projektes. Bei einem Planspiel wird das Verhalten und Interagieren von Akteur:innen untersucht, mit dem Ziel die Strategien der Akteur:innen zu beobachten, Aktionsmöglichkeiten zu testen und gegenseitiges Lernen zu fördern. Anschließend an das Planspiel wird dieses ausgewertet. Hierbei werden Transkripte des Gesprochenen, Pläne, Notizen, Reflexionen und Beobachtungsprotokolle ausgewertet und ergeben eine qualitative Inhaltsanalyse.
Diskussion:
In der Diskussion stellte zu Beginn Frau Pallagst die Frage, ob sich aus den Interviews raushören ließ, ob ein Austausch zwischen den Gebieten erwünscht ist. Möchten die Akteur:innen von den anderen Grenzräumen erfahren und in den gegenseitigen Austausch gehen?
Dies stelle zwar nicht den Schwerpunkt des Projektes dar, aber aus der Erfahrung hat sich erkennen lassen, dass es ein großes Interesse an Austausch, auch im informellen Kontext gibt.
Abschließend wurde die Frage gestellt, was das kulturelle Verständnis der Woiwodschaft sei. Gibt es eine Quantifizierung was Planer:innen durch die Woiwodschaft erwirkt haben?
Die Woiwodschaft habe einen historischen Charakter, auf nationaler Ebene wird noch viel vorgegeben, die Planungskompetenz liege aber bei den Kommunen. Die Woiwodschaft müsse noch mit stärkeren Kompetenzen ausgestatten werden.
Ausblick:
Das 17. Forschungskolloquium findet am 22.11.2023 von 12:00-13:00 Uhr zum Thema „Digitalisierung“ statt.