Fluidfreie Schmiersysteme mit hoher mechanischer Belastung (SPP 2074)

Die überwiegende Zahl von tribologischen Systemen in technischen Anwendungen wird mit Fluiden, die meistens Öle und Fette sind, geschmiert. In Fällen, in denen keine Schmierung mit Öl oder Fett möglich ist, u. a. in Bereichen der Medizintechnik, der Lebensmitteltechnologie, der Fertigungstechnik mit Vakuumverfahren und in Luft- und Raumfahrtanwendungen, wird als Alternative häufig ein Feststoff auf die Bauteiloberfläche aufgebracht.

Der Schmierungsmechanismus in Feststoffschichten unterscheidet sich grundsätzlich von Tribosystemen mit Fluiden; es gibt beispielsweise keinen Schmierstoffkreislauf in der Art, wie er üblicherweise bei Fluidschmierung vorhanden ist. Im Allgemeinen erfolgt ein Materialübertrag von der Oberfläche, die den Schmierstoff trägt, auf den Gegenkörper. Es bilden sich dabei Transferschichten aus. Im Betrieb findet fortwährend ein Schichtabbau durch Verschleißvorgänge statt, wobei gleichzeitig Mechanismen zum erneuten oder kontinuierlichen Aufbau der Feststoffschmierschicht wirken. Während im Bereich der Gleitbewegungen mit niedrigeren Kontaktpressungen bereits umfangreiche Erkenntnisse mit Feststoffschmierung und deren Funktionsweise vorliegen, sind die komplexen chemisch-physikalischen Wechselwirkungen an den Oberflächen bei hoch belasteten Kontakten wie z. B. im Wälzlager oder Zahnrad bislang nur Ansatzweise erforscht.

In diesem Forschungsprogramm sollen die Reibungs- und Verschleißmechanismen durch die Transferschichtbildung in tribologischen Systemen bei Schmierung mit Festschmierstoffen erforscht werden. Dafür sollen systemspezifisch zunächst Bereitstellungsprozesse des Festschmierstoffes in Abhängigkeit der Einsatzbedingungen (u. a. Temperatur, Pressung, Gleitgeschwindigkeiten) ermittelt werden, um die Voraussetzungen für eine Verfügbarkeit von Festschmierstoff im zu schmierenden Kontaktbereich gewährleisten zu können. Abhängig von den Einsatzbedingungen, dem Schmierstoff und den Kontaktpartnern im hochbelasteten Kontakt sollen darauf aufbauend die Transferprozesse geklärt werden. Hier kann zwischen physikalischen und chemischen Transferprozessen unterschieden werden, welche einen möglichst dauerhaften Transfer ermöglichen. Physikalische Haftungsmechanismen können u. a. durch eine mechanische „Verklammerung“ von Festschmierstoffbestandteilen mit der Oberfläche erfolgen, chemische Mechanismen können u. a. auf Physi- und Chemisorption beruhen. Das Verständnis soll schließlich zur Synthese von Systemen zur Bereitstellung und dem geeigneten Transfer von Festschmierstoffen in hochbelasteten Kontaktbereichen genutzt werden.

Der Fokus der Untersuchungen liegt dabei auf den hochbelasteten Roll-/Wälzkontakten (Pressung > 100 MPa). Abhängig vom Schmierungskonzept kann es aber beispielsweise bei der Nutzung eines Schmierstoffdepots auch notwendig sein, die Schmierstoffbereitstellung aus einem solchen geringer belasteten Kontakt in Analyse und Modellierung mit einzubeziehen, um etwa den Verschleiß des Depots so einstellen zu können, dass im hochbelasteten Kontakt stets ausreichend Festschmierstoff zur Verfügung steht.