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Der Drachentöter vom Hambacher Schloss: Ein persönlicher Nachruf auf Klaus Töpfer
Der Drachentöter vom Hambacher Schloss: Ein persönlicher Nachruf auf Klaus Töpfer
Janpeter Schilling
In den zahlreichen Nachrufen auf Klaus Töpfer wird er als „das schlechte grüne Gewissen der CDU“ (Spiegel), „der mit den Saarländern nicht warm wurde“ (Rheinpfalz) bezeichnet oder als der „verschmitzte[r] CDU-Mann mit Handkuss und Bierchen“ (Die Zeit). Zuschreibungen wie „Pionier“, „Vordenker“ „Mahner“ und „Instanz“ finden sich wiederholt. Auch sein Durchschwimmen des Rheins, 1988 als Bundesumweltminister, bleibt selten unerwähnt. Einig scheinen sich alle zu sein, dass er sich wie kaum ein anderer Politiker für „die Umwelt und die Nachwelt“ (taz) eingesetzt hat und das mit viel Humor.
Ich habe Klaus Töpfer im Dezember 2016 kennengelernt. Im Rahmen der Antrittsvorlesung meiner Klaus-Töpfer Stiftungsjuniorprofessur für Landnutzungskonflikte an der Universität Koblenz-Landau, hielt Töpfer eine Rede zu Nachhaltigkeit im Anthropozän. Die Veranstaltung fand auf dem Hambacher Schloss bei Neustadt an der Weinstraße statt. Um das Schloss zu erreichen, mussten sich die Gäste durch dichten Nebel hoch auf den Berg kämpfen. „Fehlt nur noch, dass man einen Drachen töten muss“ kommentierte Töpfer das Setting. Ohne Zweifel war Töpfer ein humorvoller Mensch und begnadeter Redner. Er setzte sich jedoch nicht nur für Umweltschutz und Nachhaltigkeit sein, sondern auch für ein friedliches Miteinander und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Besonders wichtig war es ihm die Gesundheit der Umwelt und die des Menschen zusammenzudenken. Dass eine reine Fixierung auf immer mehr Wachstum zulasten des Planten und damit unserer Lebensgrundlage geht, wissen wir heute. Töpfer wusste es schon vor Jahrzehnten. Wie kaum ein anderer hat er sich für nachhaltige Zukunftsperspektiven eingesetzt. Zuletzt wurde mir das im November 2023 deutlich, als Töpfer sich bei einer Veranstaltung anlässlich seines 85. Geburtstags sehr besorgt über den Zustand der Welt zeigte und dabei auch deutliche Kritik an seiner eigenen Partei äußerte – wohlgemerkt in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Seit seiner Rede vom Hambacher Schloss blieben wir stets im Austausch und diskutierten aktuelle Entwicklungen. Seine differenzierte und analytische Perspektive habe ich sehr geschätzt. Besonders bedanken möchte ich mich bei Klaus Töpfer für die Unterstützung der Friedensakademie Rheinland-Pfalz und auch – ganz persönlich – für die Unterstützung meines Werdegangs. Mit Klaus Töpfer verlieren wir eine Persönlichkeit, die sich leidenschaftlich und gleichzeitig empathisch und humorvoll für eine nachhaltigere Welt eingesetzt hat. Besorgt war Töpfer auch über die zunehmende Popularität antidemokratischer Kräfte. Klaus Töpfer starb am 8. Juni 2024. Am nächsten Tag holte die AfD bei der Europawahl die zweitmeisten Stimmen.