Digitale Lernumgebungen fordern von Lehramtsstudierenden zunehmend die Fähigkeit, fachliche Probleme unter digitalen Bedingungen zu lösen – etwa durch das Deuten von Simulationen, den Umgang mit interaktiven Visualisierungen oder das gezielte Nutzen digitaler Werkzeuge zur Problembearbeitung in MINT-Fächern.

Um zu verstehen, wie Studierende bei der digitalen Bearbeitung fachlicher Aufgaben denken und handeln, werden ihre mentalen Prozesse mithilfe der Laut-Denk-Methode sichtbar gemacht. Dabei bearbeiten sie Aufgaben aus Mathematik, Physik, Biologie und Informatik in digitalen Lernsettings und sprechen währenddessen ihre Gedanken aus. So entsteht ein differenziertes Bild darüber, welche Strategien und Denkwege Studierende im digitalen Problemlösen tatsächlich anwenden.

Die gewonnenen Einblicke ermöglichen es, individuelle und typische Muster des digitalen Problemlösens zu identifizieren – etwa, wie Studierende Hypothesen entwickeln, Strategien planen, digitale Rückmeldungen einordnen oder mit Fehlerschleifen umgehen. Auch Unsicherheiten, Umwege und heuristische Vereinfachungen lassen sich rekonstruieren.

Diese Perspektive bietet eine wertvolle Grundlage, um den Kompetenzerwerb im digitalen Problemlösen systematisch zu beschreiben und didaktisch zu unterstützen. Die Befunde können dazu beitragen, Lehr-Lern-Angebote zur Förderung digitaler Problemlösekompetenz gezielter auf reale Denkprozesse auszurichten und Studierende in ihrer professionellen Entwicklung effektiver zu begleiten.

Computational Thinking (CT) wird zunehmend als zentrale Form des Problemlösens im MINT-Unterricht der Grundschule verstanden. Es umfasst Strategien wie Zerlegen, Mustererkennung, Abstraktion und algorithmisches Denken, die Kindern helfen, komplexe Probleme systematisch zu analysieren und lösbar zu machen – auch jenseits von Informatik.

Ziel des Projekts ist es, Grundschullehramtsstudierende gezielt in ihrer Fähigkeit zu fördern, CT als Problemlösekompetenz im Unterricht einzusetzen und Lernprozesse bei Kindern diagnostisch zu begleiten. Im Mittelpunkt steht dabei nicht nur der Erwerb eigener CT-Kompetenzen, sondern auch die formativen Diagnosefähigkeiten in Bezug auf kindliche CT-Prozesse.

Zur Unterstützung dieser Ziele wird eine digitale Lern-App eingesetzt, mit der Studierende CT-bezogene Aufgaben bearbeiten und reflektieren. Durch ein automatisiertes Tracking im Backend werden detaillierte Informationen über das Lernverhalten der Studierenden erfasst – z. B. Bearbeitungszeiten, Nutzung von Hilfsmitteln, Lösungswege oder Fehlermuster. Diese Daten erlauben fundierte Rückschlüsse auf individuelle Lernstrategien und bieten gleichzeitig eine Basis für gezielte Rückmeldungen.

Das Projekt knüpft an erste empirische Befunde an, die zeigen, dass CT bereits in der Grundschule wirksam gefördert werden kann – vorausgesetzt, angehende Lehrkräfte verfügen über das nötige didaktisch-diagnostische Handlungsrepertoire, um Lernprozesse im Sinne von CT aktiv zu unterstützen.

Digitale Lernumgebungen eröffnen neue Möglichkeiten für kreatives und flexibles Problemlösen – stellen aber zugleich hohe Anforderungen an die Denkprozesse von Lehramtsstudierenden. Neben fachlichem Wissen und strategischer Planung rücken dabei zunehmend kognitive Ressourcen wie divergentes Denken in den Fokus. Divergentes Denken beschreibt die Fähigkeit, offene Problemstellungen durch vielfältige, ungewöhnliche oder originelle Lösungsansätze zu bearbeiten – eine Kompetenz, die gerade in digitalen Kontexten zentral sein kann, in denen mehrere Lösungswege möglich und kreative Entscheidungen gefordert sind.

Ziel der Studie ist es, zu untersuchen, welche Rolle divergentes Denken für den Problemlöseprozess von Grundschullehramtsstudierenden in digitalen Lernumgebungen spielt. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob und wie sich hohe Ausprägungen in divergentem Denken auf die Art und Qualität der Lösungswege, auf den Umgang mit Irritationen sowie auf die Nutzung digitaler Feedbackoptionen auswirken.

Die Denk- und Handlungsprozesse der Studierenden werden in realitätsnahen digitalen Aufgabenformaten erhoben, die exploratives, kreatives und strategisches Vorgehen herausfordern. Ergänzend wird erfasst, inwieweit Studierende mit hoher divergenter Denkfähigkeit dazu tendieren, alternative Herangehensweisen zu entwickeln, Problemlöseschritte umzustrukturieren oder eigene Hypothesen zu generieren.

Die Ergebnisse der Studie sollen dazu beitragen, kreatives Denken als bedeutende Ressource im digitalen Problemlösen von Lehramtsstudierenden besser zu verstehen und zukünftige Lernangebote entsprechend anzupassen. Damit wird eine Grundlage geschaffen, digitale Problemlösekompetenz nicht nur als reproduktives Abarbeiten, sondern als reflektiertes, flexibles und kreatives Denken und Handeln zu fördern.

Das Affenschuss-Problem konfrontiert die Lernenden mit einem kontraintuitiven Sachverhalt: Ein Projektil trifft ein fallendes Zielobjekt (einen Affen), obwohl beide sich gleichzeitig nach unten bewegen. Um dieses Verhalten zu erklären, müssen Lernende grundlegende physikalische Prinzipien wie die Unabhängigkeit von horizontaler und vertikaler Bewegung oder die Wirkung der konstanten Erdbeschleunigung verstehen, funktionale Zusammenhänge mathematisch erfassen und beschreiben, sowie auf ein konkretes, Problem anwenden können.

Oberstufenschüler/innen aus Mathematik- sowie Physik-Grundkursen bearbeiten dieses Problem in einer digitalen interaktiven Lernumgebung, die Animationen, mathematische Repräsentationen, Rückmeldungen und gezielte Reflexionsanlässe bietet. Ihr Lösungsprozess wird im Hintergrund getrackt, um ihr Vorgehen detailliert zu rekonstruieren: Welche Hypothesen stellen sie auf? Welche Lösungspfade verfolgen sie? Welche Visualisierungen oder Hilfen nutzen sie? Und an welchen Stellen treten Denkfehler, Unsicherheiten oder strategische Umorientierungen auf?

Ziel ist es, typische Strategien, Fehlannahmen und Denkprozesse im digitalen Problemlösen in Abhängigkeit vom formalen Rahmen (Physik- bzw. Mathematik-Kurs) sichtbar zu machen. Das Affenschuss-Problem dient dabei als komplexes Diagnoseinstrument: Es erlaubt Rückschlüsse auf konzeptionelle Vorstellungenmathematisch-physikalisches Strukturverständnis und den Umgang mit digitalen Feedback-Mechanismen.

Die Fähigkeit, systematisch Experimente zu planen und dabei jeweils nur eine Variable zu verändern, gilt als zentrale Voraussetzung für wissenschaftspropädeutisches Denken und Problemlösen im Sachunterricht der Grundschule. Diese sogenannte Variablenkontrollstrategie (VKS) ist nicht nur elementarer Bestandteil forschend-entdeckenden Lernens und Problemlösens, sondern auch ein zentrales Diagnose- und Vermittlungsziel im naturwissenschaftlichen Anfangsunterricht.

Um Grundschullehramtsstudierende gezielt auf diese Anforderungen vorzubereiten, wurde ein digitales Lern- und Testformat entwickelt, das die aktive Anwendung und didaktische Durchdringung der VKS fördert. Im Zentrum steht ein Szenario, in dem die Studierenden ausgehend von einer Forschungsfrage ein eigenes kontrolliertes Experiment planen müssen – inklusive Identifikation der unabhängigen, abhängigen und kontrollierten Variablen.

Dabei werden nicht nur fachliche Aspekte wie die korrekte Strukturierung experimenteller Bedingungen sichtbar, sondern auch didaktische Kompetenzen, etwa die Fähigkeit, geeignete Lernarrangements für Kinder zu konzipieren oder Stolperstellen in der Umsetzung zu antizipieren. Das Format macht individuelle Denk- und Planungsprozesse sichtbar und erlaubt es, VKS-Kompetenzen formativen Rückmeldungen zugänglich zu machen.

Die digitale Lernumgebung bietet damit eine zweifache Funktion: Sie dient der Professionalisierung im Umgang mit einem Kernprinzip wissenschaftsorientierten Unterrichts und erlaubt zugleich eine fundierte Erfassung von Lernständen, Fehlkonzepten und Entwicklungspotenzialen in der Lehrkräftebildung. Studierende lernen nicht nur, was Variablenkontrolle bedeutet – sie lernen, sie zu verstehen, zu gestalten und für den Unterricht fruchtbar zu machen.