HumanTech“ (Horizon Europe)

Die europäische Bauindustrie steht vor drei großen Herausforderungen: Erhöhung der Sicherheit und des Wohlbefindens der Arbeitskräfte, Verbesserung der Effizienz und Produktivität sowie umweltfreundlichere Gestaltung und nachhaltige Nutzung der Ressourcen.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, schlägt HumanTech vor, auf den Menschen ausgerichtete Spitzentechnologien zu entwickeln, wie z. B. Wearables für die Sicherheit und Unterstützung der Arbeiter und Roboter, die harmonisch mit den menschlichen Arbeitern koexistieren können und gleichzeitig zum ökologischen Wandel des Sektors beitragen.

HumanTech zielt darauf ab, wichtige Fortschritte bei Spitzentechnologien zu erzielen, die einer neuen Generation hochqualifizierter Bauarbeiter und Ingenieure ein sicheres, lohnendes und digitales Arbeitsumfeld bieten.

Zu diesen Fortschritten gehören:

Eine völlig neue Art dynamischer semantischer digitaler Zwillinge (Dynamic Semantic Digital Twins, DSDTs), die den aktuellen Zustand einer Baustelle auf geometrischer und semantischer Ebene detailliert simulieren, basierend auf einer erweiterten Formulierung des Building Information Modeling (BIM), die alle relevanten strukturellen und semantischen Dimensionen (BIMxD) enthält. BIMxDs werden als gemeinsame Referenz für alle menschlichen Arbeiter, Ingenieure und autonomen Maschinen dienen.

Intelligente, unauffällige Schutz- und Unterstützungsausrüstung für Arbeiter. Von Exoskeletten, die durch Körpersensoren für Körperhaltung und -belastung aktiviert werden, bis hin zu tragbaren Kameras und XR-Brillen, die den Standort und die Führung der Arbeiter in Echtzeit liefern, damit sie ihre Aufgaben effizient und genau ausführen können.

Robotergeräte, die mit Sehvermögen und Intelligenz ausgestattet sind, ermöglichen es Robotern, autonom und sicher in sehr unstrukturierten Umgebungen zu navigieren, mit Menschen zusammenzuarbeiten und einen semantischen digitalen Zwilling der Baustelle, auf der sie arbeiten, dynamisch zu aktualisieren.

Durch diese Fortschritte werden Sicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit gefördert, was die Bauindustrie zu einem technologiebasierten Sektor macht, der für Menschen jeden Geschlechts und mit unterschiedlichen Fähigkeiten attraktiv ist.

„Infra-Bau 4.0“ und Folgeprojekte (BMDV)

Bei dem im Jahr 2021 abgeschlossenen Projekt „Infra-Bau 4.0: Dynamische, semi-automatische Umplanung in Infrastrukturbauprojekten“, gefördert durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (kurz: BMDV), wurde innerhalb von 1,5 Jahren eine digitale Plattform entwickelt, welche alle Baubeteiligten mit ihren Systemen, Daten und Prozessen digital abbildet und miteinander zu einem Digitalen Ökosystem vernetzt (Abb. 1).

Die Plattform dient dabei als zentraler Datenbroker für Planänderungen und Fortschrittsinformationen während der Bauausführung (Abb. 2).

Ihre primäre Aufgabe besteht darin, Informationen aufzunehmen und entsprechend der Projekthierarchie über die angebundenen Software-Werkzeuge, wie beispielsweise Revit, PowerProject und LCM Digital, an die baubeteiligten Unternehmen zu verteilen. Im Sinne der intendierten Offenheit der Plattform ist ein zentraler Design-Ansatz, dass die Plattform in keiner Konkurrenzsituation mit bereits existierenden Werkzeugen steht und die Baubeteiligten ihre Software-Werkzeuge frei wählen können.

Durch die Plattform bzw. die Teilnahme am Digitalen Ökosystem ergeben sich in erster Linie Vorteile im Hinblick auf einen nutzerspezifischen Informationsaustausch sowie ein verbessertes Monitoring und Controlling des Baufortschritts. Ein wichtiges Element dabei sind die Nutzung von Maschinendaten und Sensorik. Bei auftretenden Abweichungen können Entscheidungshilfen bereitgestellt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden (z.B. mittels Digitale Baustelle, Scheduling-Tool). Zudem wird der Terminplan entsprechend den Änderungen und den hieraus resultierenden Auswirkungen (Umplanung) angepasst und als Update an die Beteiligten ausgegeben. Durch die automatisierte Dokumentation des Informationsaustauschs wird eine gute Rückverfolgbarkeit ermöglicht.

Zulieferer, Sachverständige oder Spezialplaner, wie etwa zur Kran-Einsatzplanung, können benötigte Daten über einen Zugang zur Plattform beziehen und ihre Ergebnisse einspeisen. Dies ermöglicht eine verbesserte Maschinenauslastung und bietet Vorteile durch eine vereinfachte Dokumentation.

Zirkulare H(R)BV-Decke (Zukunft Bau, BMWSB)

Durch die schubsteife Verbindung von Stahlbetonplatten in der Biegedruckzone mit Holzträgern, die die Biegezugkräfte aufnehmen, entstehen effizient tragende Holz-Beton-Verbunddeckenquerschnitte. Nicht nur die teilweise Substitution von Beton, sondern darüber hinaus die biogene Kohlenstoffspeicherung im Baustoff Holz führen zu einer signifikant verbesserten Ökobilanz hinsichtlich des Globalen Erwärmungspotenzials (GWP) im Vergleich zu Stahlbetonflachdecken.

HBV-Decken sind hybride Bauteile, deren Steifigkeit bzw. Wirtschaftlichkeit in der Nutzungsphase maßgebend durch die Leistungsfähigkeit der Verbundfuge vorgegeben ist. Am Ende des Lebenszyklus hingegen erschwert eine dauerhafte, feste Verbindung der Teilquerschnitte das sortenreine Trennen der Baustoffe. Allerdings stellt sowohl bei Stahlbeton als auch bei Bauholz die gegenwärtige Rückführung in stoffspezifische Kreisläufe viel eher ein Downcycling als ein funktionserhaltendes Recycling dar.

Ziel des Projekts „Zirkulare H(R)BV-Decke“, welches durch das Programm „Zukunft Bau“ des BBSR gefördert und gemeinsam von den Fachgebieten Massivbau und Baukonstruktion sowie Stahlbau bearbeitet wird, ist daher die Entwicklung einer modularen, reversiblen Holz-Beton-Verbunddecke. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Entwurf einer formschlüssigen Verbundfugengeometrie, die sich sowohl für wiederholtes trockenes Fügen der Teilquerschnitte als auch für den sicheren und wirtschaftlichen Abtrag des Längsschubs eignet. Im Sinne der Reversibilität soll auf abhebungssichernde Schrauben entgegen der gängigen HBV-Praxis verzichtet werden. Eine sägezahnartige Fugengeometrie scheint dafür geeignet zu sein, stellt jedoch zugleich hohe Anforderung an die Maßhaltigkeit der Teilquerschnitte aus Stahlbeton und Holz.