Station 2: Max-Slevogt-Gymnasium, Hindenburgstraße 2, Landau
Schulzeit
Martha Saalfeld wurde 1898 in Landau geboren und besuchte hier bis 1914 die Städtische Höhere Mädchenschule , das heutige Max-Slevogt-Gymnasium – die zweite Station des literarischen Hörspaziergangs.
Martha Saalfeld selbst schreibt über ihre frühe Schulzeit durchweg positiv: „Der Himmel über unserer Schule war weiß und blau. Wir waren kleine Royalistinnen, wir gingen in die Höhere Töchterschule wie zum Empfang bei Hof.
Die Schule lag am Rande eines Parks voller Nachtigallen, der über alten Festungsmauern angelegt war. Die Stimme der Natur drang unaufhörlich in die Wände des Hauses ein. Das zierlich-bürgerliche Wesen dort hielt dem Geraun nicht stand. Wind brauste in den Wipfeln, Wolken von Düften brachen ein. Süßer und bittrer Geruch – die kleinen Mädchen unterschieden schon: Geruch des obern Parkwegs und des untern, der an den Kasematten nah vorüberführte, Geruch des Goldfischteichs, des leise brodelnden, Geruch des dichtumblühten Pavillons.
An manchen Tagen war der Duft so stark, daß es die Mädchen nicht im Klassenzimmer litt. Sie drängten ungestüm nach draußen. Nichts konnte ihnen widerstehn. Dort wo die Kasematten dämmerten, gab es Vergißmeinnicht in großen Mengen. Sie waren sehr gefragt in ihrer bayerisch-blauen Herrlichkeit. Zum Kranz geflochten lagen sie auf nassem Teller. Sie wuchsen in der Nacht und schmückten morgens unseren blonden Schopf. Viel Bayerisches gab es zu feiern damals, doch auch die Musen kamen nicht zu kurz. Das Schillerjahr brach aus, selbst der Direktor fing zu dichten an.“
Der ambitionierte und später wegen seiner Homosexualität geächtete Direktor Carl Friedrich Müller-Palleske förderte früh Saalfelds literarische Neigungen. Sein zum Schillerjahr 1905 verfasstes Gedicht trug sie als gerade mal 7-Jährige im Rahmen der großen Feier vor. Das Mädchen Martha Saalfeld war sich der Verantwortung, die ihr der damalige Direktor übertrug, durchaus bewusst und sagte darüber selbst, dass das Unterfangen „keineswegs gefahrlos“ war.
Nicht ohne Ironie kommentiert Martha Saalfeld ihren Auftritt vor berühmtem Publikum beim
feierlichen Anlass mit folgenden Worten: Würde man „im hochgestimmten Kreis auf ordinäre Weise stecken bleiben, dann stürzte mindestens der Treppengiebel am Kaufhaus ein, der Prinzregent auf seinem Roß verließe
schleunigst den Paradeplatz – ab durch die Mitte und zum Deutschen Tor hinaus.“
Das zum besonderen Anlass geschriebene Gedicht des Direktors hat die junge Martha Saalfeld dann aber wahrscheinlich ohne Patzer vorgetragen.
Des Maien Grün und Blüten,
wir bringen sie dir dar,
Es schwand des Winters Wüten,
Im Frühling prangt das Jahr.
Nach dem Abgang von der sechsklassigen Schule war es den Mädchen damals noch nicht erlaubt, ins Gymnasium einzutreten. In der Kriegszeit fuhr Martha darum nach Karlsruhe zum Lateinunterricht. […] Kriegszeit, Besatzungszeit und Inflation führten dazu, dass Martha Saalfeld erst 1921 in Kaiserslautern das Abitur ablegte.
Station 3 des literarischen Hörspaziergangs befindet sich vor der Adler-Apotheke am
Landauer Marktplatz.
Quelle: Martha Saalfeld: Werkausgabe Band 1, Die Gedichte, Blieskastell 1998, S. 219.
Dieses Projekt wurde als Abschlussarbeit im Rahmen des Zertifikatsstudiengangs
„Darstellendes Spiel“ an der RPTU (Campus Landau) im Sommersemester 2024 geplant und
umgesetzt von Stephanie Kühn und Annemarie Dewald.
Unser herzlicher Dank geht an alle Betreuer*innen und Unterstützer*innen unseres Projekts:
Dr. Niklas Füllner
Franziska Lapidakis
Dr. Annette Kliewer
Renate Becker
Dr. Markus Moser
Erika und Dr. Berthold Moser
Ganz herzlich danken wir den fünf Schülerinnen der 10. Klasse des Gymnasiums Alfred-
Grosser-Schulzentrum in Bad Bergzabern, die unsere Texte eingesprochen haben:
Luisa Anzilutti
Alia Völckl
Esther Hofmann
Jennifer Grütering
Victoria Stöffler
Das Projekt wurde von der Martha-Saalfeld-Forschungsstelle unter der Leitung von Prof.
Anja Ohmer gefördert und betreut.

