Station 4: Landau, die geliebte Stadt
Landau
Geliebte Stadt von Martha Saalfeld
Wir spielten vor dem Sonnenangesicht
Des fremden Königs unser wildes Spiel.
Er war mit uns – Freund oder Feind, gleichviel –
Wie Mirabellenhonig, floß das Licht.
Wir wußten nichts von Haß. Die Süßigkeit
Der Gärten füllte unsere Herzen und
Das blanke Auge und den roten Mund –
Wie waren wir zu lieben doch bereit!
Wir sahen die Vogesen pflaumenblau,
Im Park die Muschel tönte von Musik.
Uns hütete – o freundliches Geschick! –
Die schönste Stadt des Landes, Landes Au.
Die vorgetragene Liebeserklärung an Landau drückt Martha Saalfelds Verbundenheit zu ihrer
Geburtsstadt Landau aus. In jungen Jahren war der späteren Dichterin und Autorin Martha Saalfeld wohl noch nicht bewusst, wie komplex ihr Verhältnis zu der Stadt, welche ihr Jahre später die Ehrenbürgerwürde andienen sollte, noch werden würde.
Die ihr angetragene Würdigung als Ehrenbürgerin lehnte Martha Saalfeld ab. Zu tief war der Bruch, der mit der Ächtung ihres Romans „Die Judengasse“ erfolgte. Man war in der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht bereit, sich mit dem Thema Antisemitismus auseinanderzusetzen.
Seit 1991 erinnert der Martha-Saalfeld-Platz an die begabte Schriftstellerin.
Seit 1994 vergibt das Land Rheinland-Pfalz in Kooperation mit dem ZKW jährlich den mit
insgesamt 10.000 Euro dotierten Martha-Saalfeld-Preis.
Der Martha-Saalfeld-Platz, auf dem seit 1991 auch die einst heftig umstrittene Statue der
Landavia steht, bildet die Station 4 des literarischen Hörspaziergangs.
Es kann heute nur darüber spekuliert werden, was Martha Saalfeld selbst über die Statue der
Landavia zu sagen hätte. Im späten 20. Jahrhundert aufgestellt erregte die Statue jedenfalls
Aufsehen und sorgte für erhitzte Gemüter. Der Landauer Autor Wolfgang Diehl betrachtete die Statue an sich nicht, wie viele andere als „obszön“. Diehl war jedoch, wie die meisten Kritiker*innen, der Meinung, dass der Standort auf dem Martha-Saalfeld-Platz schlecht gewählt sei. So nannte er die Statue einen „Affront gegenüber Martha Saalfeld“ und beschreibt in seinen weiteren Ausführungen auch seine
Sicht auf das Wesen der Autorin Martha Saalfeld:
„Diese Plastik ist ein gelungenes Werk und braucht vom formalen und inhaltlichen Kontext her eine gewisse Weite und einen lebendigen Naturrahmen…
(Sie) auf den Martha Saalfeld Platz zu stellen, entspricht keinesfalls (ihrer) Intention.
Schon fast zu erwarten ist der noch viel unfreundlicher ausfallende Mangel an Einfühlung in die
Person und das Werk von Martha Saalfeld. Von ihrer Heimatstadt Landau, der sie einige Liebeserklärungen machte, weder geliebt noch geachtet, soll sich nun ihr Andenken mit der kraftstrotzenden Gestalt der bacchantischen Pfalz verbinden. Das ist ein Missverständnis! Martha Saalfeld ist alles andere als die pfälzische Frohnatur. Schon zu ihren Lebzeiten hat sich Martha Saalfeld „dieser“ Pfalz verweigert. Der Grundtenor ihres Werkes ist die naturhafte Dialektik von Reife und Vergänglichkeit, Liebe und Sterben. Zu diesem Werk passt die Bacchantin nicht.“
Fühlen Sie sich nun eingeladen, die letzte Station, Nummer 5, aufzusuchen. Sie befindet sich im Hof der „Roten Kaserne“, direkt am nordwestlichen Ende des Rathausplatzes, nur eine Gehminute von hier entfernt. Wir freuen uns, wenn Sie den Hörspaziergang im Anschluss an Station 5 im wunderschönen
Bad Bergzabern fortsetzen, wohin es Martha Saalfeld nach Ende des zweiten Weltkriegs zog.
Es erwarten Sie dort vier weitere Stationen, die den Einblick ins Leben und Wirken der Autorin ergänzen.
Quellen:
Annette Kliewer. „Auf den Spuren einer „Provinzautorin“? Die Martha-Saalfeld-Projekttage in Bad Bergzabern.“ In: Geneuss, Katrin [Hrsg.]; Hoiß, Christian [Hrsg.]: Literarische Spaziergänge im
Deutschunterricht. Gegenstände, Arrangements, Begegnungsräume. Darmstadt : wbg Academic
2023. S. 189-204.
Wolfgang Diehl: „Ein Affront gegenüber Martha Saalfeld“ 4.2.1991
Martha Saalfeld: Werkausgabe Band 1, Die Gedichte, Blieskastell 1998, S. 127


