Workload - Entwicklung eines Inventars zur Erhebung des realen studentischen Workloads in ausgewählten Studiengängen

Ein zentrales Element der im Zuge Bolognas eingeführten Bachelor- und Masterstudiengänge stellt die Einführung von Leistungspunkten (ECTS) dar.Diese lösen Semesterwochenstunden als bisheriges Prinzip der Studienorganisation ab. Der Umfang eines Studiums wird folglich nicht mehr in der Zahl der in der Präsenzlehre absolvierten Semesterwochenstunden gemessen, sondern im Umfang des tatsächlichen durchschnittlichen studentischen Arbeitsaufwandes aller Studierenden, die das Lernziel erreicht haben. Ein ECTS entspricht dabei 30 studentischen Arbeitsstunden. Auf diese Weise werden alle im Rahmen eines Studiums zu erbringenden Studien- und Prüfungsleistungen transparent dargelegt, was die Vergleichbarkeit erbrachter Studienleistungen sowie eine standardisierte Studienplanung ermöglicht. Damit vollzieht sich in der Lehre ein Paradigmenwechsel, weg von einer Lehrzentrierung hin zu einer Lernzentrierung.

Ansprechpartner

Dipl.-Päd. Stefen Müller
Geb. 49 / Raum 302
Tel: 0631-205-4672 
mueller[at]zfl.uni-kl.de

Projektleitung

Dr. Claudia Gómez Tutor
Geb. 49 / Raum 306
Tel: 0631-205-4692 
cgomez[at]zfl.uni-kl.de

Weitere Informationen

Da zum Zeitpunkt der Einführung der neuen Studiengänge zumeist noch keine Erfahrungswerte vorlagen, beruht die bisherige Angabe des Workloads und der somit zu vergebenden ECTS-Punkte in der Regel auf Schätzwerten. In diesem Zusammenhang ist auch von einem „Henne-Ei-Kreislauf“ die Rede: So basiert die Erfassung des studentischen Workloads einerseits auf der Leistungspunktevergabe, auf der anderen Seite jedoch soll eben diese Leistungspunktevergabe wiederum auf dem studentischen Workload beruhen. Dieser Umstand kann bei der Creditierung von Studiengängen zu folgenden Steuerungsproblemen führen:

  • Passungsprobleme im Sinne einer Übereinstimmung des tatsächlichen Workloads mit dem veranschlagten Workload vor dem Hintergrund fehlender empirischer Werte.
  • Problem der Gestaltung des Zeitbudgets in den Bachelor- und Masterstudiengängen im Sinne einer gleichmäßigen Verteilung des Workloads auf Vorlesungszeit und vorlesungsfreie Zeit im Zusammenhang mit der Gestaltung eines studienbegleitenden Prüfungsprozederes (Prüfungsvorbereitung, Prüfungen, Hausarbeiten).
  • Abstimmungsprobleme hinsichtlich der Vergleichbarkeit des Zeitaufwands von Studien-gängen, Studienteilen sowie parallelen Lehrveranstaltungen eines Moduls.

Eine Behebung der Steuerungsprobleme setzt voraus, dass der oben beschriebene „Henne-Ei“-Zyklus durch eine empirische Erfassung des Workloads durchbrochen wird. Auf Basis der Erhebungsergebnisse können schließlich die Angabe des studentischen Workloads bzw. die entsprechende Leistungspunktezahl angepasst werden. Weiterhin kann die Überprüfung des Workloads auch ein Kriterium in Akkreditierungs- und Reakkreditierungsverfahren sein. Folglich gilt es geeignete Verfahren und Instrumente zu entwickeln, mit deren Hilfe möglichst verlässliche Aussagen über den tatsächlichen Workload gewonnen werden können.

Mittelfristig besteht die Zielsetzung des Projektes in der Ermittlung des Workloads in ausgewählten Studienfächern des Lehramtsstudiums an der RPTU sowie der (Weiter-)entwicklung eines zu diesem Zweck geeigneten Instrumentariums. Aus den auf diese Weise gewonnenen Daten und Erfahrungen kann schließlich weiterer Handlungs- und Optimierungsbedarf sowohl hinsichtlich der Creditierung von Veranstaltungen, als auch der möglichst zuverlässigen Erfassung des Workloads abgeleitet werden.

Langfristig kann das entwickelte Instrumentarium schließlich auf breiter Basis zur regelmäßigen Erhebung des studentischen Workloads in Studiengängen/ -fächern an der RPTU eingesetzt werden. Die anschließende Überprüfung der Passung zwischen tatsächlichem Workload und Creditierung ermöglicht die Gewinnung steuerungsrelevanter Daten, auf deren Basis Maßnahmen für eine Verbesserung der Studiengänge sowie eine gerechtere Verteilung des Arbeitsaufwands abgeleitet werden können. Nicht zuletzt trägt die Erhebung des Workloads auch dazu bei, Universitätsleitung, Dozenten und Studenten gleichermaßen für eine konstruktive Implementierung des Leistungspunktesystems in die Lehrplanung und -durchführung zu sensibilisieren sowie den diesbezüglichen Fortschritt der RPTU im Sinne eines Qualitätsmanagements besser einzuschätzen.

Zielgruppen

Aus den beschriebenen Zielsetzungen ergeben sich folgende Zielgruppen, die im Rahmen des Workload-Projekts auf verschiedenen Aggregationsebenen adressiert werden sollen:

  • Hochschulleitung
  • Senatsgruppe "Qualitätsmanagement"
  • Fachbereiche
  • Dozenten
  • Studierenden sowie deren Vertretungen (Fachschaften, AStA)

Workload ist die Arbeitszeit, die durchschnittlich begabte Studierende zum Bestehen eines Moduls (also mindestens Note 4.0) aufwenden müssen. Der Workload bildet die Grundlage für die Bemessung von Kreditpunkten. Das ECTS Kreditpunkte-System folgt den europäischen Normen (European Credit Transfer System). In einem akademischen Jahr sollen 60 Credit Points (CP) erreicht werden (Entsprechend 30 pro Semester). Bei einer angenommenen Studienzeit von 46 Wochen (eingerechnet 6 Wochen Urlaub) pro Jahr und einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 39 Stunden ergeben sich im Jahr ca. 1800 Stunden Zeitaufwand. D.h. ein Kreditpunkt wird mit rund 30 Stunden veranschlagt.

Der durchschnittliche studentische Arbeitsaufwand bzw. „Workload“ setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:

  • Präsenzzeit: Anwesenheit in Lehrveranstaltungen (Vorlesungen, Übungen, Praktika, Exkursionen usw.)
  • Selbststudienzeit: Vor- und Nachbereitung von Lehrverantaltungen sowie Anfertigung schriftlicher Arbeiten, Prüfungsvorbereitung usw.
Berechnung des Workloads

Für die Länge eines Semesters wird eine mittlere Dauer von 15 Wochen Vorlesungszeit angenommen.

Beispiel: Allgemeine Didaktik (5 ECTS-Punkte)

Präsenzzeit 15*2h= 30h ≙ 1 ECTS Punkt

Selbststudienzeit= 120h ≙ 4 ECTS Punkte

Summe=150h  ≙ 5 ECTS Punkte

Die rein formalen Aspekte von Workload scheinen zunächst leicht zu operationalisieren, sind aber nicht notwendigerweise passgenau, um das Handeln Studierender zu beschreiben. Der derzeitige Forschungsstand zum Thema Workload macht deutlich, dass die Messung reiner Arbeitszeitbelastung kaum inhaltliche Anhaltspunkte für die Verbesserungen von Studiengängen liefert. Die Sensibilisierung von Lehrenden und Lernenden zum Thema Workload anhand von objektivierten Daten ist daher ein wichtiges Schlüsselelement im Workloadinventar der RPTU.

Die durchgeführten Workloaduntersuchungen leisten einen Beitrag zur Gestaltung und Planung von Studiengängen. Das Potenzial der entwickelten Workload-Instrumente liegt in der dialogischen Nutzung der Ergebnisse, die das Eintreten in kontinuierliche Verbesserungsprozesse im Sinne eines universitären Qualitätsmanagements ermöglichen, bei dem Studierende, Lehrende, Fachbereiche und die Universitätsleitung eingebunden sind.

 
Workload-Instrumente

Das vom Zentrum für Lehrerbildung entwickelte Workloadinventar besteht aus einem klassischen (Online-)Fragebogen und kann durch die Instumente Workloadkurve und/oder Workloadschlüsselanhänger ergänzt werden.

Nähere Informationen zu den einzelnen Instrumenten sind bei den jeweiligen Links hinterlegt.

Online-Fragebogen
Workloadschlüsselanhänger
Workloadkurve

 


Publikationen

 

Müller, Stefen (2012). Von Semesterwochenstunden zu Leistungspunkten. Workloaduntersuchung des Zentrums für Lehrerbildung. Kaiserslautern: Zentrum für Lehrerbildung 2012.

Müller, Stefen (2013). Workload-Erfassung als Baustein im universitären Qualitätsmanagement. Qualität in der Wissenschaft (QiW), 7 (3/4), 75-83.

Müller, Stefen (2014). "Was kostet ein Punkt bei Ihnen, bitte?". Workload an der RPTU. Kaiserslautern : Zentrum für Lehrerbildung 2014.

Müller, Stefen (2017). Workload - mehr als eine Kennzahl ?! Vortragsfolien 04.09.2017. Kaiserslautern : Zentrum für Lehrerbildung 2017.

Gómez Tutor, Claudia; Müller, Stefen (2018). Workload – vom Stundenzählen zum Steuerungsinstrument. In: Nicola Hericks (Hrsg). Hochschulen im Spannungsfeld der Bologna-Reform (S.73-97). Wiesbaden: Springer.

Gómez Tutor, Claudia; Müller, Stefen (2019). On developing studies and teaching through workload-assessment. Application-Oriented Higher Education Research (AOHER), 4 (3/2019), 35-41.

Müller, Stefen (2020). Workload-Erhebungen – Notwendiges Übel oder ungenutzte Chance? In: Daniel Großmann, Christin Engel, Justus Junkermann, Tobias Wolbring (Hrsg.). Studentischer  Workload – Definition, Messung und Einflüsse (S. 335-360). Wiesbaden: Springer.

Müller, Stefen; Kleine, Julia (2020). Das digitale Sommersemester 2020. Aus Sicht der Studierenden und Lehrenden – zwei Befragungen. Kaiserslautern: Zentrum für Lehrerbildung, Referat Qualität in Studium und Lehre 2020.

Müller, Stefen (2021). Die Workload-Perspektive als Zugang zur Qualitätssicherung in den Lehramtsstudiengängen -10 Jahre Workload an der RPTU. In: Rolf Arnold, Claudia Gómez Tutor, Roland Ulber (Hrsg.). Professionalisierungsprozesse in der Lehrkräftebildung (S. 49-80). Hohengehren: Schneider.

Müller, Stefen; Kleine, Julia (2021). Einbettung des Konzepts Studierendenerfolg in die Qualitätssicherung von Studium und Lehre. Zeitschrift für Hochschulentwicklung 16 (4), 45–57.

Müller, Stefen (2021). Workload in Zeiten digitaler Lehre – eine Befragung von Studierenden und Lehrenden. MedienPädagogik. Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung. 40, 177-205.

Müller, Stefen (2023). Digitalisierung, digitale Lehre jetzt?! Entwicklungen digitaler Lehre im Verlauf zweier Semester. In: Denis Newiak, Janine Romppel, Alexander Martin (Hrsg.). Digitale Bildung jetzt! Innovative Konzepte zur Digitalisierung von Lernen und Lehre (S. 1-25). Wiesbaden: Springer VS.

Müller, Stefen (2023). Entwicklung des studentischen Workloads während zwei Semestern digitaler Lehre. In: Katharina Hombach, Heike Rundnagel (Hrsg.). Kompetenzen im digitalen Lehr- und Lernraum an Hochschulen (S. 121-139). Bielefeld: wbv.

Müller, Stefen; Kleine, Julia (2023). Digitale Hochschullehre – von der Digitalisierung zur Digitalität? Empirische Ergebnisse einer hochschulweiten Befragung über zwei Semester. In: Julian Aufenanger, Michael Bigos (Hrsg.). Digitalisierung in der Lehrer:innenbildung – Corona als Katalysator?! (S. 378–390). Weinheim und Basel: Beltz Juventa.