Unsere RPTU Story
Ausgezeichnete Lehre in Geographie an der RPTU in Landau
Das Projekt „VereinsKomPass Klimaanpassung“ der AG Geographiedidaktik an der RPTU in Landau, wurde 2023 mit dem Preis für Hochschullehre in Geographie ausgezeichnet. Das Lehrkonzept folgt dem Konzept des Service-Learning, das Wissenschaft und gesellschaftliches Engagement miteinander verbindet und die Studierenden durch die Kooperation mit Ehrenamtlichen Vereinsakteurinnen und -akteuren über den Tellerrand blicken lässt. Projektmitarbeiterin Teagan Wernicke spricht im Interview mit Campusreporterin Anne Papenfuß über das Besondere des Lehrkonzepts und was die Studierenden sowie Vereinsmitglieder aus der Zusammenarbeit mitnehmen. Und Student Jakob Stapf gibt Einblick in die Herausforderungen und neu gewonnenen Erkenntnisse in der Kooperation mit einem regionalen Ruderclub und was er durch das Projekt gelernt hat.
Teagan, was macht das Lehrkonzept aus?
Das Projektseminar verfolgt das Konzept des Service-Learning, das Lernen durch Engagement. Die Studierenden werden in der ersten Hälfte des Seminars fachlich und methodisch geschult, erhalten wissenschaftlichen Input zu Folgen und Auswirkungen des Klimawandels, zu Klimaanpassungen sowie Klimakommunikation von Dozierenden und externen Experten. In der zweiten Hälfte des Seminars entwickeln die Studierenden in Kooperation mit ehrenamtlichen Vereinen in der Region, zum Beispiel Jugendzentren, Kleingarten-, oder Fußballvereinen, sogenannte Risikoanalysen und Anpassungsempfehlungen auf die Vereinsarbeit. Die Masterstudierenden im Lehramtsstudiengang Geographie besuchen parallel ein Filmseminar, um die Durchführung sowie die erzielten Ergebnisse in einem Kurzfilm festzuhalten. Auf der Webseite der AG Geographiedidaktik Landau sind die bisher entstandenen Kurzfilme zu sehen.
Was ist für dich das Besondere daran?
Für mich ist das Besondere, dass die Studierenden über den Tellerrand schauen und eine andere Perspektive einnehmen. Sie haben das Gefühl, dass sie ihr Wissen sinnvoll einsetzen und etwas in der Gesellschaft bewirken. Es findet eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe statt, denn auch die Vereinsmitglieder haben die Möglichkeit, ihr Wissen zu teilen. Diese transdisziplinäre Zusammenarbeit hilft der Wissenschaft ungemein und die Studierenden werden zu Brückenbildnern zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.
Was sollen die Studierenden aus diesem Seminar mitnehmen?
Die Studierenden sollen in diesem Seminar, neben den theoretischen Inhalten, ihre Kompetenzen im Projekt- und Zeitmanagement sowie der Kommunikation erweitern. Diese Fähigkeiten werden während des Seminars besonders erprobt. In Bezug auf die Kommunikation ist vor allem die Zusammenarbeit mit den Vereinsmitgliedern spannend, denn die Studierenden müssen lernen, zielgruppenspezifisch zu kommunizieren und didaktisch zu arbeiten. Am Anfang fragen sich viele Studierende, wie sie das Projekt zeitlich überhaupt schaffen sollen, doch am Ende haben sich alle dieser Herausforderung gestellt und können stolz auf sich sein. Ich bin es auf jeden Fall.
Teagan, das Seminar wurde 2023 mit dem Preis fürHochschullehre Geographie ausgezeichnet. Wie kamt ihr zu diesem Preis?
Alle zwei Jahre wird der Preis für herausragende Leistungen in der geographischen Lehre des Verbands für Geographie an deutschsprachigen Hochschulen und Forschungseinrichtungen (VGDH) verliehen. Wir haben uns für den Preis beworben und hatten vergangenes Jahr tatsächlich die Ehre, ihn entgegenzunehmen. Wir, das sind Svenja Brockmüller, die das Projekt ins Leben gerufen hat, Jan Göppel, Anna-Maria Woszczyk und ich.
Was sagen die Vereinsmitglieder über das Projekt?
Die Vereinsmitglieder freuen sich darüber, dass die Studierenden so hilfsbereit sind. Sie nehmen sich Zeit, um mit ihnen zu sprechen und sind sehr engagiert. Auch wenn den Mitgliedern die Probleme in Bezug auf den Klimawandel bereits bekannt sind, wissen sie oft nicht, was sie dagegen tun können. In Zusammenarbeit mit den Studierenden erhalten sie Empfehlungen und Strategien und lernen, wie sie diese bewusst umsetzen können. Die meisten Vereine handeln schon sehr klimabewusst, indem sie auf LED-Lampen wechseln, vegetarisches Essen anbieten oder sich Gedanken über Müllvermeidung machen. Das sind schon wichtige Schritte. Die Studierenden machen darüber hinaus Vorschläge zur Klimaanpassung. Bei einem Fußballverein zum Beispiel könnten die Trainingszeiten an das Klima angepasst werden, damit der Körper an heißen Tagen nicht überlastet wird. Eine weitere Anpassung könnte zum Beispiel am Boden des Fußballplatzes vorgenommen werden, damit das Wasser an regnerischen Tagen besser abfließen kann.
Warum braucht es deiner Meinung nach dieses Projekt?
Der Klimawandel betrifft uns alle in unserem Alltag und wir müssen spätestens jetzt anfangen, etwas zu verändern. Es ist sehr wichtig über Klimawandel, Klimaanpassung und Klimaschutz nachzudenken und darüber zu sprechen. Wenn wir das nicht tun, werden wir auch nichts verändern. Mit dem Projektseminar wollen wir ein Bewusstsein schaffen, indem wir die Vereine vor Ort besuchen und die Kommunikation suchen. Viele Vereine meldeten uns zurück, dass sie bereits vor dem Projekt Probleme feststellten und versuchten, damit umzugehen. Die Studierenden konnten sie wissenschaftlich unterstützen und neue Impulse geben. Es geht nicht darum, in sechs Monaten so viel wie möglich umzusetzen oder zu kontrollieren, ob alle Empfehlungen umgesetzt wurden, sondern die Saat für Ideen zu legen, die die Vereine selbständig weiterführen und wachsen lassen können.
Jakob Stapf, warum hast du das Seminar belegt?
Ich studiere den Masterstudiengang Environmental Sciencesund habe in Landau auch meinen Bachelor im Studiengang Mensch und Umwelt gemacht. Mit der Herausforderung, naturwissenschaftliches Wissen in gesellschaftliche Systeme zu bringen, beschäftige ich mich durch meinen Bachelorstudiengang schon länger und ich finde es wichtig, Wege dafür zu finden. Im Masterstudiengang wird den Studierenden eine große Wahlfreiheit im Modulplan gegeben. Da die meisten anderen Veranstaltungen eher rein naturwissenschaftlich aufgebaut sind, habe ich mich darauf gefreut, in diesem Seminar mehr auf die sozialen Folgen der Klimakrise zu schauen.
Welche Vorteile siehst du in dem Seminar?
Ich sehe es als Vorteil, die Folgen der Klimakrise auf regionaler Ebene zu betrachten und dabei auf unterschiedlichste Akteure aus Wissenschaft und Gesellschaft zu treffen. Die lockere, familiäre Atmosphäre im recht kleinen Kurs und die nette Betreuung durch Teagan Wernicke haben dazu geführt, dass Lerninhalte nachhaltig vermittelt wurden und wir uns auch in schwierigeren Phasen der Gruppenarbeit nicht allein gelassen gefühlt haben.
Was waren die Herausforderungen?
Es war zeitlich knapp, innerhalb von nur einem Semester Kooperationen mit lokalen Vereinen inklusive Videodreh zu organisieren. Meine Gruppe hatte sich entschieden, den Kontakt zu einem lokalen Ruderverein herzustellen. Dessen Mitglieder haben sich im Winter deutlich weniger aktiv vor Ort getroffen, um über unser Anliegen zu sprechen, als es vielleicht im Sommer der Fall gewesen wäre. Die Kontaktaufnahme lief daher zunächst eher schleppend. Umso positiver überrascht wurden wir dann in der eigentlichen Arbeitsphase von deren breiter Unterstützung als Interviewpartner und dem allgemeinen Interesse an unseren Themen.
Was hast du sowohl fachlich als auch überfachlich aus dem Seminar mitnehmen können?
In der Regel werden komplexe Umweltprobleme wie der Klimawandel in Vorlesungen eher auf globaler Ebene betrachtet. Das ist vor dem Hintergrund der gewaltigen Bedrohungslage auch gerechtfertigt. Dennoch geht dadurch oft der Blick dafür verloren, was die enormen Veränderungen eigentlich für mich und die Menschen in meinem Umfeld, meiner Region bedeuten. Was die Hitzeentwicklungen angeht, habe ich dort zum Beispiel gelernt, dass die Pfalz innerhalb Deutschlands zu den Risiko-Regionen mit potenziell besonders hohen Temperaturanstiegen in den nächsten 30 Jahren gehört. Diese beunruhigende Nachricht ist mir so vorher noch nicht begegnet. Es scheint mir aber besonders wichtig, Menschen, die in solchen Regionen leben, darüber zu informieren, um rechtzeitig wirksame Anpassungsmaßnahmen umsetzen zu können.
Was waren die Probleme des Vereins?
Im Interview mit den älteren Vereinsmitgliedern bekamen wir Erfahrungsberichte über bereits stattfindende klimatische Veränderungen und was sie für die Entwicklung des Rudersports in unserer Region in den vergangenen 30 Jahren bedeuteten. Der Ruderclub hat einen kleines Hafenbecken am Rhein. Das ist wohl bis in die 90er Jahre im Winter noch regelmäßig zugefroren, sodass es dann gar keine Möglichkeit zum Rudern gab. Mittlerweile üben Mitglieder des Vereins ihren Sport das ganze Jahr über aus - eher gehen sogar Tage im Sommer wegen Hitze wieder verloren. Ein Problem für den Verein stellen sinkende Wasserstände dar. Als Ruderreviere werden hauptsächlich die Altrheinarme um Germersheim genutzt. Bei den Niedrigwasserereignissen des Rheins in den vergangenen Jahren war es immer wieder fraglich, ob diese noch befahren werden können, ohne einen Schaden am Boot zu riskieren. Bisher kam es noch nicht zu Einschränkungen, aber die Mitglieder gehen fest davon aus, dass es in den nächsten Jahren zum Problem werden wird.
Auf welche Ideen seid ihr in der Kooperation gekommen?
Wir sind mit dem Ruderverein, mit dem wir kooperiert haben, zu dem Schluss gekommen, dass man sensibler für Hitzeereignisse werden muss. Vor allem für die alten und jungen Mitglieder können Hitzetage gefährlich werden. Außerdem ist die Gefahr durch UV-Strahlen für Haut und Augen auf dem Wasser durch die Reflexionen deutlich erhöht. Einer der Experten im Kurs hatte uns dann darauf gebracht, dass die Einrichtung eines Hitzeschutzbeauftragten eine Möglichkeit wäre. Also eine Person, die im Vorhinein das Wettergeschehen im Auge behält, und bei Bedarf auf potenzielle Gefahren für Kinder und ältere Menschen hinweist. Ein vereinseigenes Sortiment an Sonnenschutzmitteln war eine weitere Idee. Außerdem könnte eine solche Person den Kontakt zu Beauftragten anderer Wassersportvereine halten und Erfahrungen austauschen.
Infokasten
Das Projekt „VereinsKomPass“ wird im Rahmen des Seminars „Human-Environmental-Systems: Communication of Climate Change Adaptation between Science and Society” in den Masterstudiengängen Geographie (Modul 13 „Raum und Landschaft“) und Umweltwissenschaften (GEO1a „Mensch-Umwelt-Systeme“) an der RPTU in Landau angeboten. Durch das Konzept des Service-Learning wird gesellschaftliches Engagement mit der Schulung fachlicher, methodischer und sozialer Kompetenzen der Studierenden verbunden. Ziel des Projekts ist es, zur Bewusstseinsbildung von Ehrenamtlichen in Bezug auf regionale Klimafolgen beizutragen und in Kooperation mit Vereinsakteurinnen und -akteuren maßgeschneiderte Anpassungskonzepte zu erarbeiten. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV).
Text: Anne Papenfuß