Unsere RPTU Story
Ehrenamt statt Kellnern: Wie Stipendien die studentische Kasse aufbessern können
Ehrenämter sind zeitaufwändig, oft anstrengend und meist nahezu unbezahlt. Dennoch engagieren sich knapp 40 Prozent der Deutschen in ihrer Freizeit für einen guten Zweck. Zu ihnen gehört Katarina, 22 Jahre alt und Studentin der RPTU in Landau. In Folge ihrer langjährigen Arbeit für die Pfadfinder hat sie ein Stipendium erhalten. Uns hat sie berichtet, wie das ihr Verhältnis zu Ehrenamt, Lohnarbeit und Finanzen veränderte. Außerdem räumt sie mit Klischees über hochbegabte Stipendiaten und Kekse verkaufende Pfadfinder auf.
Pfadfinder spielen schon lange eine wichtige Rolle in Katarinas Leben: Als Siebenjährige kam sie das erste Mal zu den Pfadfindern und verbrachte einen großen Teil ihrer Kindheit im dortigen Verband. „In den wöchentlichen Gruppenstunden, die von Personen im Teenager-Alter geleitet wurden, haben wir viel gespielt, aber es gab auch immer wieder Veranstaltungen, die sich über ganze Tage zogen. Das kann man sich wie ein Ferienlager vorstellen“, erzählt Katarina. Als sie 2020 ihr Abitur absolvierte, war sie selbst seit einigen Jahren Gruppenleiterin. Für ihr Studium der Sozial- und Kommunikationswissenschaften an der RPTU zog sie nach Landau. Das hat sie aber nicht davon abgehalten, sich weiter für die Pfadfinder zu engagieren. „Ich glaube, viele junge Menschen beenden ihr Engagement nach dem Abitur, weil sie umziehen. Man könnte mit dem Wechsel des Wohnorts zwar auch die Pfadfindergruppe wechseln, aber das ist bei uns ähnlich wie bei einem Fußballverein. In gewisser Weise wird man dort hineingeboren“, lacht Katarina.
Dass Katarina nach dem Abitur ihrem Engagement und Hobby nicht den Rücken kehren musste, um wie viele Studierende mit einem Nebenjob ihren Unterhalt zu verdienen, hat sie einem besonderen Stipendium zu verdanken. Vergeben wir es von der Stipendienstiftung Rheinland-Pfalz und richtet sich an „begabte Studierende, die sich in besonderer Weise durch gesellschaftliches Engagement auszeichnen.“ Wie viele andere dachte Katarina zunächst, man müsse in jedem Fach Bestnoten haben, um sich auf eine solche Förderung bewerben zu können. Gute Noten sind zwar Voraussetzung, aber man muss keinen 1,0-Schnitt vorweisen. Was bei diesem Stipendium zählt, ist vor allem das Engagement für die Gesellschaft. Die Stiftung fördert jedes Jahr etwa 400 Studierende und Absolventen, die in finanziellen Notlagen sind, Kinder haben oder sich wie Katarina gesellschaftlich engagieren. Die Auswahl der Studierenden wird von den Hochschulen selbst getroffen.
Stipendium statt Bafög
Katarina erzählt, dass es ihr bei der Bewerbung auf das Stipendium schwerfiel, eine durchschnittliche Stundenanzahl für ihre Arbeit anzugeben: „Auf Lagern und Lehrgängen arbeite ich 24/7, inklusive nachts. In anderen Wochen sind es vielleicht zwei oder drei Stunden.“ Die Bewerbung bei der Stipendienstiftung hat sie dabei wesentlich positiver in Erinnerung als ihren Bafög-Antrag: „Ich erinnere mich noch, dass ich zu Beginn des ersten Semesters in einem Berg an Unterlagen untergegangen bin, um Bafög zu beantragen. Für mich war das eine einzige Katastrophe“. Wie bei vielen anderen Studierenden auch lohnte sich der Stress nicht: Katarina erhält bis heute kein Bafög.
Arbeit geht nicht ohne Wertschätzung
„Durch das Stipendium mache ich mir auf jeden Fall weniger Gedanken um Geld“, überlegt Katarina. Generell sei sie aber eine sparsame Person, die gut einschätzen kann, wo Abstriche möglich sind. Auch Katarinas Sicht auf Arbeit hat sich durch das Stipendium grundlegend verändert: „Bevor ich das Stipendium hatte, habe ich meine Arbeitszeiten manchmal mit anderen verglichen und gemerkt, dass ich mehr arbeite und weniger Geld dafür erhalte“, erzählt Katarina. „Natürlich ist es der Sinn eines Ehrenamtes, es nicht für das Geld zu machen“, räumt sie ein. Wenn das Stipendiengeld ein reguläres Gehalt wäre, wäre sie „grandios unterbezahlt“. Dennoch stellt es für sie eine der seltenen materiellen Wertschätzungen ihrer ehrenamtlichen Arbeit dar. „Es bedanken sich immer wieder Menschen für das, was ich tue. Aber mir hat eine Art offizielles Dankeschön gefehlt.“ Dafür sei das Stipendium perfekt.
Von der Teilnehmerin zur Organisatorin
Auch wenn Katarina nicht mehr in ihrer Heimat wohnt und sich vor Ort engagieren kann, werden auf der Bundesebene der Pfadfinderverbände Menschen gebraucht, die wichtige Aufgaben übernehmen. Aktuell arbeitet Katarina im Bundesverband in der Podcast-Redaktion und der Fachgruppe „Partizipation“ mit. Und sie engagiert sich dennoch weiterhin in ihrem Heimatverband. Hier sitzt sie im Arbeitskreis „Anti-Diskriminierung“ und übernimmt einige Aufgaben in der Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem schult sie als Dozentin auf Lehrgängen andere Engagierte darin, wie sie gute Gruppenleitungen werden können.
Wertevermittlung als Arbeit
Durch die Pfadfinder konnte Katarina Freundschaften mit Menschen aus ganz Deutschland schließen. Gemeinsam arbeiten alle auf ein Ziel hin: Die Kinder sollen eine schöne Zeit haben und dabei am besten noch etwas Wertvolles mitnehmen. Das ist insbesondere ein Anliegen des Arbeitskreises „Anti-Diskriminierung“: „Wir überlegen uns beispielweise Ideen, wie die Gruppenleitungen vermitteln können, was hinter Rassismus steht. Bei siebenjährigen Kindern können wir nicht mit der Definition kultureller Aneignung anfangen. Es geht eher darum, ihre Empathie für andere Menschen und andere Kulturen zu fördern, was eine Grundlage für Anti-Diskriminierung ist“, erklärt Katarina. Der Arbeitskreis konzipierte deshalb ein Spiel, bei dem Gefühle pantomimisch dargestellt und erraten werden müssen. Denn: „Dadurch verstehen die Kinder beispielsweise, wie ungut es sich anfühlt, traurig zu sein und wünschen es anderen nicht.“ Unter anderem durch ihr Studium ist Katarina für solche sozialen Fragen sensibilisiert. Hier belegte sie beispielsweise Veranstaltungen zur Sozialstruktur moderner Gesellschaften aber auch zur Sozialpsychologie mit Schwerpunkt auf Gruppen und Interaktion. Dabei nimmt Katarina die Pfadfinder als inklusiver als den Rest der Gesellschaft wahr: „Auf dem Gymnasium hatte ich kaum Anknüpfungspunkte mit Menschen mit Behinderung oder aus anderen sozialen Schichten. Bei den Pfadfindern gibt es zwar noch Luft nach oben, grundsätzlich sind wir aber viel durchmischter.“
Text: Lena Frohn
Foto: privat