Unsere RPTU Story
Von Kaiserslautern nach Paris – Wettbewerb öffnet Türen in die Welt der internationalen Forschung
Was wäre, wenn eine Alge die Gewässerverschmutzung beenden könnte? Diese Frage haben sich sechs Studierende der RPTU in Kaiserslautern gestellt. Mit ihrer Idee nahmen sie am größten internationalen Wettbewerb der synthetischen Biologie teil. Team-Mitglied Luca Langenberg berichtet im Interview, wie diese Erfahrung ihn menschlich und professionell geprägt hat.
„Bei iGEM erwirbst du Kompetenzen, die du sonst nirgendwo schon so früh erhalten kannst“, erklärt Luca Langenberg, Bachelor-Student der Molekularen Biologie. Dabei steht das Kürzel für „international genetically engineered Machine“. Tatsächlich ist iGEM der größte internationale Wettbewerb für synthetische Biologie und findet alljährlich in Paris statt. Daran dürfen nur Master- sowie Bachelor-Studierende teilnehmen, die jeweils in Overgrad-Teams und Undergrad-Teams eingeteilt werden. Kein Wunder, dass der 23-jährige so begeistert ist: „Studis aus aller Welt können sich untereinander austauschen und Kontakte mit anderen Universitäten, Dozierenden oder Firmen knüpfen.“
Ein Jahr lang hat das sechsköpfige RPTU-Team an seiner Idee gearbeitet, mit der es das Wettbewerbsfinale im November 2023 bestritten hat. Auch im Nachgang arbeiten sie weiter an „CYPurify“. Was kompliziert klingt „ist eigentlich ganz einfach“, so Luca Langenberg. Grundidee ist es, mittels des CYP-Enzyms Gewässer von toxischen Substanzen aufzureinigen. „Diese CYP-Enzyme finden sich in verschiedenen Varianten in jedem Organismus. Sie sind unter anderem für den Auf- und Abbau von Stoffen verantwortlich. Dabei gibt es für jede toxische Substanz ein solches Enzym. Bei uns Menschen sind sie zum Beispiel in der Leber angesiedelt und übernehmen eine wichtige Rolle bei der Entgiftung.“
Das iGEM-Team fragte sich daher: Warum sollte dieser Entgiftungsprozess nicht auch in Gewässern funktionieren, die durch toxische Substanzen verunreinigt worden sind? „Alle reden über Plastik in den Ozeanen, aber die vielen Rückstände von Insektiziden, Herbiziden oder Medikamenten sind ein mindestens genau so großes Problem“, erklärt Langenberg.
Tatsächlich gibt es kaum ein Gewässer, das frei von solchen giftigen Substanzen ist. So sorgen Östrogen-Rückstände der Anti-Baby-Pille etwa dafür, dass männliche Fische Eier statt Spermien produzieren und so die Fortpflanzung gehemmt wird. Solche für Gewässer giftigen Substanzen müssten in Kläranlagen gefiltert werden. Hier kommt nun CYPurify ins Spiel: „Vereinfacht gesagt haben wir die Enzyme aus unterschiedlichen Organismen herausgesucht und deren Gene in die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii eingebaut“, erklärt der Student. Der Idee nach platziert man nun die Algen in dem belasteten Gewässer und kann es so aufreinigen. „Wir haben im Labor festgestellt, dass eines unserer Enzyme das Estradiol aus der Anti-Baby-Pille abbaut. Dies müsste auch im Gewässer möglich sein. In welchem Ausmaß man es dort einsetzen könnte, müsste aber erst untersucht werden.“
Die meiste Arbeit des Teams hat im Labor stattgefunden, wo es Toxizitätstests durchgeführt hat und versucht hat, das Projekt möglichst realitätsnah umzusetzen. „Letztlich müsste man die gentechnisch veränderten Algen in die Gewässer bringen“, so Langenberg. In der Praxis hat das Team sein Vorhaben allerdings nicht getestet, da mit genetisch veränderten Organismen aufgrund von EU-Vorschriften nur im Labor gearbeitet werden darf.
Nach monatelanger Arbeit war es im November so weit. Für das Team ging es nach Paris zum Finale, um dort das Projekt vorzustellen. „Wir haben eine Gold-Medaille bekommen, weil wir ein rundum gutes Projekt hatten und im Bereich plant synthetic biology Exzellenz gezeigt haben“, erläutert Luca.
Dieser Erfolg hatte allerdings auch seinen Preis: Da das Kaiserslauter iGEM-Team mit sechs Mitgliedern relativ klein war, musste jeder seinen Beitrag leisten.
Langenberg: „Ich habe ein knappes halbes Jahr sieben Tage die Woche etwa zwölf Stunden sowohl im Labor als auch am Laptop gearbeitet. Selbst zu Hause habe ich nur über iGEM nachgedacht.“ Ein Nebenjob oder Kneipentouren an den Wochenenden, wie sie für Studierende üblich sind, passten nur schwer in so einen Zeitplan. „Ich würde es nicht noch einmal so machen“, gibt Luca deshalb zu. „Trotzdem hat diese Zeit mich menschlich und beruflich weitergebracht. Wären wir ein größeres Team gewesen, hätte ich mich wahrscheinlich vor den öffentlichen Events gedrückt. Durch iGEM musste ich allerdings ständig Vorträge halten, um das Projekt an der Uni oder an anderen Stellen zu repräsentieren.“ Diese Vorträge fanden teilweise vor mehr als 200 Personen statt, eine Erfahrung, die nur wenige im Bachelor-Studium machen.
Darüber hinaus hat das Team durch die Arbeit im Labor so viele Ergebnisse produziert, dass es an einer eigenen wissenschaftlichen Veröffentlichung arbeitet, ein Paper wie es in der Fachwelt heißt. Professor Dr. Michael Schroda, der die Studierenden auch während des Wettbewerbs betreut hat, hat es darauf aufmerksam gemacht. Für dieses Paper steht es also weiter im Labor und sammelt Daten, beispielsweise zu verschiedenen Temperaturen, bei denen es untersucht, ob sich die Effizienz der Enzyme steigern lässt. Unterstützt werden die Studierenden nach wie vor von Professor Schroda und seiner Arbeitsgruppe. „Wir hatten während der Wettbewerbsphase viele Freiheiten, haben Professor Schroda regelmäßig unsere Daten gezeigt und die weiteren Schritte mit ihm abgesprochen.“ Zusätzlich halfen die Doktoranten Dorothée Klein und Adrian Engels dem Team bei der Laborarbeit. „Wir wussten und wissen, dass wir jederzeit mit jemandem über unsere Arbeit sprechen können, der uns einen Tipp geben kann“, betont Langenberg.
Ob das Paper veröffentlicht wird, steht noch in den Sternen. Wenn es fertig ist, muss ein Fachmagazin es annehmen. „So ist Forschung eben“, meint der Kaiserslauterer Student. „Man steht stundenlang im Labor, steckt viel Arbeit und Zeit in etwas und niemand weiß, was letzten Endes dabei rumkommt.“ Auch wenn das erste eigene Paper für den Bachelor-Studenten noch in weiter Ferne ist: Für die goldene iGEM-Medaille hat sich die Arbeit erst einmal gelohnt.