Experiment
Das Ziel eines Experiments („experimental study“) ist die theoriegestützte Überprüfung des kausalen Einflusses einer oder mehrerer unabhängiger Variablen (UV) auf die Ausprägungen einer oder mehrerer abhängiger Variablen (AV). Im Experiment werden dabei die UVs von den Forschenden variiert bzw. experimentell manipuliert. Experimentelle Manipulation bedeutet, dass Unterschiede in den UVs gezielt hergestellt werden.
Die UVs weisen beim Experiment ein Nominal-Skalenniveau auf, d.h. sie bestehen aus diskreten Kategorien bzw. Gruppen. Im einfachsten Fall liegt nur eine UV vor, die zwei Ausprägungen aufweist (dichotom; zwei Stufen). Hieraus resultiert ein Zweigruppenplan, z. B. Experimentalgruppe vs. Kontrollgruppe. Das Design wird komplexer, wenn eine UV mit mehr als zwei Stufen verwendet wird (mehrstufiges Design) oder mehr als eine unabhängige Variable einbezogen wird (mehrfaktorielles Design).
Bei den AVs handelt es sich häufig um metrische Variablen. Wird nur eine AV untersucht, liegt ein univariater Versuchsplan vor. Werden hingegen mehrere AVs untersucht, liegt ein multivariater Versuchsplan vor.
Typischerweise werden in experimentellen Studien Unterschiedshypothesen geprüft und statistisch mit t-Tests (zwei Gruppen) oder Varianzanalysen (mehr als zwei Gruppen) ausgewertet.
Voraussetzungen für kausale Schlussfolgerungen bei Experimenten
Damit basierend auf Experimenten auch tatsächlich Kausalhypothesen überprüft werden können, müssen folgende Voraussetzungen gelten:
1. Kovariation: Variation in der UV muss mit Variation in der AV einhergehen.
→ bei Experiment: die Stufen der UV unterscheiden sich bzgl. der mittleren Ausprägung der AV
2. Zeitliche Vorgeordnetheit der UV: Veränderungen auf der UV müssen zeitlich vor Veränderungen der AV auftreten
→ UV wird manipuliert, bevor die AV gemessen wird
3. Ausschluss von Alternativerklärungen: Alternativerklärungen für die Kovariation zwischen UV und AV müssen ausgeschlossen werden können.
→ Im Experiment gibt es einige versuchsplanerische und statistische Methoden, um Alternativerklärungen auszuschließen
Störvariablen
Ein gutes Experiment ist so beschaffen, dass es einen eindeutigen Rückschluss von der UV als Ursachenfaktor auf die gemessenen Effekte (Ausprägungen der AV als Wirkungen) erlaubt (interne Validität). Alternativerklärungen sollen möglichst vollständig ausgeschlossen werden.
Mit Alternativerklärungen sind Einflussfaktoren gemeint, die sich ebenfalls auf die abhängige Variable auswirken. Sie werden auch als Störvariablen oder konfundierende Variablen bezeichnet. Es können zwei Arten von Störvariablen unterschieden werden.
Unter systematischen Störvariablen versteht man Einflüsse, die mit der UV systematisch variieren und sich auf die AV auswirken. Sie sorgen für Variation in der AV und produzieren somit Scheineffekte (Artefakte).
Unter unsystematischen Störvariablen versteht man Einflüsse, die zwar mit der AV, nicht aber mit der UV kovariieren. Unsystematische Störvariablen führen somit nicht zu Konfundierungen, aber erhöhen die benötigte Stichprobengröße, um Effekte der UV auf die AV aufzudecken.

Personenbezogene Störvariablen: Systematische Unterschiede in den persönlichen Merkmalen und Voraussetzungen der Versuchspersonen in den verschiedenen Untersuchungsgruppen.
Situationsbedingte Störvariablen: Systematische Störeinflüsse, die in der experimentellen Situation entstehen.
Bedingungsgebundene Störvariablen: Es gibt systematische Unterschiede zwischen den experimentellen Gruppen, die durch die experimentelle Manipulation erzeugt wurden.
Beispiel
Anhand eines Experiments soll untersucht werden, ob sich kognitive Erschöpfung auf die Hilfsbereitschaft auswirkt. Hierzu soll die kognitive Erschöpfung der Teilnehmenden systematisch manipuliert werden: Die Experimentalgruppe erhält eine schwierigere kognitive Aufgabe, die Kontrollgruppe eine sehr leichte kognitive Aufgabe.
Hierbei könnten folgende Störvariablen auftreten:
Personenbezogene Störvariable: In der Experimentalgruppe befinden sich hilfsbereitere oder intelligentere Versuchspersonen als in der Kontrollgruppe.
Situationsbedingte Störvariable: Personen der Experimentalgruppe ahnen durch die schwere kognitive Aufgabe, was im Experiment untersucht werden soll. Durch solche Erwartungseffekte könnte sich das hilfsbereite Verhalten der Personen verändern.
Bedingungsgebundene Störvariable: Die Experimentalgruppe erhält eine schwierigere kognitive Aufgabe als die Kontrollgruppe. Ein unerwünschter Nebeneffekt der experimentellen Manipulation könnte sein, dass Personen der Experimentalgruppe gleichzeitig eine höhere Frustration erleben, welche sich auf die anschließende Hilfsbereitschaft auswirkt.
Kontrolltechniken
Es gibt eine Reihe an Kontrolltechniken, die eingesetzt werden können, um den Einfluss von Störvariablen zu verringern.
Eliminieren: Manche Störvariablen (z.B. Lärm) können leicht eliminiert werden und somit weder systematische noch unsystematische Effekte ausüben.
Konstant halten: Andere Störvariablen lassen sich über experimentelle Bedingungen hinweg konstant halten, beispielsweise der Ablauf der Untersuchung oder die Versuchsleitung.
Ausbalancieren / Parallelisieren: Während konstant halten bedeutet, dass die Störvariable in allen Versuchsbedingungen genau den gleichen Wert hat, bedeutet ausbalancieren, dass die Häufigkeitsverteilung der verschiedenen Werte der Störvariable in allen Bedingungen gleich ist. Zum Beispiel, könnte darauf geachtet werden, dass die Altersverteilung in beiden Gruppen genau gleich ist.
Randomisieren: Eine einfache Möglichkeit, personengebundene Störvariablen auszugleichen, besteht darin, Versuchspersonen zufällig den experimentellen Bedingungen zuzuweisen. Im Durchschnitt sollten sich die Störvariablen in allen Bedingungen gleich verteilen. Hierzu sollte die Stichprobengröße groß genug sein.
Auspartialisieren: Störvariablen messen und statistisch für diese kontrollieren (z.B. Partialkorrelation). Die statistische Kontrolle wirkt dann wie eine Konstanthaltung.
Manipulationschecks: Um zu überprüfen, ob die experimentelle Manipulation den erwünschten Effekt erzielt hat und oder sie sich auf weitere Variablen ausgewirkt hat, können Einschätzungen der Versuchsperson eingeholt werden. In unserem Beispiel könnten Versuchspersonen befragt werden, wie kognitiv anstrengend sie die Aufgabe fanden, und ob diese Sie frustriert hat. Hierbei muss aber darauf geachtet werden, dass die Befragung nicht selbst zur untersuchungsbedingten Störvariable wird. Manipulationschecks können zudem auch über verhaltensabhängige Variablen überprüft werden.
Laborexperiment vs. Feldexperiment
Laborexperiment: findet in einem Forschungslabor statt. Die Versuchspersonen kommen also zum Zwecke des Experiments in das Forschungslabor und führen die Studie dort vor Ort aus.
Feldexperiment: findet im „Feld“, also im natürlichen Kontext statt. Beispielsweise, wenn ein Experiment an Schüler:innen in der Schule stattfindet.
Online-Experiment: Heutzutage finden viele Experimente weder im Labor noch im Feld statt, sondern werden als Online-Experiment durchgeführt.
Vorteile und Nachteile von Experimenten
Interne und externe Validität
Labor | Feld | |
interne Validität | höher als im Feld (durch bessere Kontrolle von systematischen Störvariablen) | niedriger als im Labor (durch schlechtere Kontrolle von systematischen Störvariablen) |
externe Validität | unsichere externe Validität | bessere Sicherstellung der externen Validität (im Vergleich zum Labor) |
Interne Validität: Eine Studie wird als intern valide bezeichnet, die aus ihr gewonnenen Erkenntnisse ein eindeutiger Schluss auf den kausalen Einfluss der UV auf die AV gezogen werden kann, d.h. wenn alle anderen relevanten systematischen Einflüsse ausgeschlossen werden können.
Externe Validität: Eine Studie gilt als extern valide, wenn die aus ihr gewonnenen Erkenntnisse
- auf andere Orte (z.B. außerhalb des Labors),
- auf andere Personen (als die im Experiment untersuchten),
- auf andere Situationen (als die im Experiment geschaffenen) und
- auf andere Zeitpunkte (in der Vergangenheit und in der Zukunft)
übertragen, d. h. generalisiert werden können.
Der Forschungsprozess
Quantitative vs. Qualitative Forschung
Quantitative Unterrsuchungsmethoden
- Experiment
- Quasi-Experiment
- Korrelative Untersuchungsdesigns
- Querschnitt-Studie
- Längsschnitt-Studie
- Trend-Studie
Quantitative Auswertung