Rückblick

Martha Saalfeld Preis und Poetik Dozentur an Tijan Sila

Am 5. Dezember 2024 wurde Tijan Sila, einer der bedeutendsten zeitgenössischen Autoren der Region und des Landes, in seiner früheren Heimatstadt Landau mit dem renommierten Martha-Saalfeld-Preis ausgezeichnet. 

Gleichzeitig wurde ihm die Landauer Poetik-Dozentur für das Wintersemester 2024/2025 an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) verliehen – eine erfolgreiche Premiere in der Verbindung dieser beiden Ehrungen.

Der Martha-Saalfeld-Preis wird gemeinsam mit dem Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration des Landes Rheinland-Pfalz und der RPTU verliehen. Die Preisvergabe ist eine der wichtigsten literarischen Auszeichnungen des Landes. 

Benannt nach der Schriftstellerin Martha Saalfeld, die als Pionierin moderner Literatur und Naturlyrik in der Region und darüber hinaus gilt, würdigt der mit 8000 Euro dotierte Hauptpreis herausragende literarische Leistungen . Der mit 2000 Euro dotierte Förderpreis unterstützt die kreative Weiterentwicklung der prämierten Autorinnen und Autoren. 

In diesem Jahr ging der Förderpreis an den Nachwuchs-Autor Dr. David Emling.

Die Preisverleihung wurde in diesem Jahr wieder von einer theatralen Inszenierung der Studierenden des Fachs Darstellendes Spiel/Theater der RPTU bereichert, die Silas Roman „Krach“ auf der Bühne in Ausschnitten zum Leben erweckten. Sila gewährte dem Publikum in seiner Dankesrede tiefe Einblicke in seinen persönlichen Schreibprozess. Er trug Passagen aus der Fortsetzung seines Romans Radio Sarajevo vor. Die Rede wurde zu einer ebenso unterhaltsamen wie lehrreichen „Creative Writing“-Stunde: Sila reflektierte live über Wortwiederholungen, sprachphilosophische Rätsel deutscher Adjektive und komplexe Satzstrukturen – ein authentischer Einblick in die Herausforderungen des Schreibens, in einer Sprache, die Sila erst nach seiner Flucht nach Deutschland gelernt hatte.

In seiner Laudatio würdigte Silas Freund und Kollege Arno Frank die außergewöhnliche literarische Leistung des Preisträgers. Frank betonte, wie sehr Sila als stilistisch versierter Autor um die richtigen Worte ringt, und hob dessen beeindruckende Karriere hervor: vom „kleinen Berufsschullehrer aus Kaiserslautern“, wie er einst spöttisch bezeichnet wurde, bis hin zum Gewinner des Ingeborg-Bachmann-Preises 2024.

 

Am 11. Januar 2025 fand dann im Rahmen der Landauer Poetik-Dozentur eine öffentliche Vorlesung Silas an der RPTU statt. Unter dem Titel „Tiefgang und Leichtigkeit“ sprach er über seinen Schreibprozess, den Einfluss seiner Biografie und die Herausforderungen des literarischen Schaffens. Dabei überraschte er das Publikum mit einer Anekdote aus seiner Zeit als Punkmusiker: Mit viel Humor schilderte er, wie er einst Günther Grass dazu brachte, vor ihm „fluchtartig das Weite zu suchen“. Zudem gewährte er einen tiefen Blick in seine künstlerischen Eigenheiten und Erzählperspektiven. So offenbarte er beispielsweise seine „schreckliche Abneigung“ gegenüber Schreibmaschinen, die er augenzwinkernd als ein fast heiliges Arbeitsinstrument vieler Kolleginnen und Kollegen bezeichnete, mit dem er sich jedoch bislang nicht anfreunden konnte und voraussichtlich auch nie wird.

Darüber hinaus teilte er seine Begeisterung für Musik, einst Punkrocker, heute ausgewiesener Jazzkenner.

Geboren 1981 in Sarajevo, kam Sila während des Bosnienkriegs mit seiner Familie nach Deutschland und wuchs in Landau auf. Seine Werke behandeln oft Themen wie Krieg, Migration, Identität und gesellschaftliche Spannungen und verbinden diese mit einer einzigartigen Mischung aus Humor und Tiefgang. Gemeinsam mit seiner Frau schreibt er auch Kinderbücher.

Mit seinem Debütroman Tierchen unlimited sorgte Sila bereits 2017 für Aufmerksamkeit. Es folgten Die Fahne der Wünsche (2018) und Krach (2021), die ebenfalls gesellschaftlich relevante Themen aufgriffen. Mit Radio Sarajevo (2023) setzte er seiner Generation der „Kriegskinder“ ein literarisches Denkmal.

Die Veranstaltung in Landau zeigte eindrucksvoll, wie Sila die literarische Landschaft mitgestaltet und bereichert. Das Zentrum für Kultur- und Wissensdialog (ZKW) freut sich, mit der diesjährigen Ehrung sowohl die literarische Vielfalt des Landes Rheinland-Pfalz zu präsentieren und zu fördern und ein breites Publikum für die besondere Kraft der Literatur zu begeistern.