Forschungsprojekt All-Polymer unter den Finalisten beim „Zukunftspreis Pfalz 2022“

Die Verleihung der Preise und Urkunden für Finalisten fand am 25. November 2022 in feierlichem Rahmen im Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) in Kaiserslautern statt. (V.l.n.r.): Prof. Dr. Silke Rathgeber, Universität Koblenz, Dr. Benedikt Brand, Technische Universität Kaiserslautern, Dr.-Ing. Markus Brzeski, Jakob Görzen, A+ Composites, Ahmad Saqlain, Universität Koblenz, und Prof. Dr. Katharina Spraul, Technische Universität Kaiserslautern. Foto: UK

Wie lassen sich faserverstärkte Kunststoffe voll recyclingfähig machen, kostbare Ressourcen einsparen und Kunststoffabfälle vermeiden? Zu dieser Frage haben die Technische Universität Kaiserslautern und die Universität Koblenz-Landau (UKL) zusammen mit den Unternehmen A+ Composites, Hahn Kunststoffe und Infinex Group im Rahmen von All-Polymer drei Jahre lang geforscht. Mit ihrem Konzept zur Entwicklung voll recyclingfähiger faserverstärkter Kunststoffe hat das Projektteam nun die Fachjury des Zukunftspreises Pfalz 2022 überzeugt. All-Polymer wurde Ende November als Finalist des Zukunftspreises ausgezeichnet, den der Bezirksverband Pfalz seit 2009 vergibt.

Mit dem Zukunftspreis Pfalz will der Bezirksverband Pfalz herausragende innovative Ideen, Produkte, Vorhaben und Leistungen, die die Zukunftsfähigkeit und die nachhaltige Entwicklung der Region stärken, fördern – so führt es der Verband auf der seiner Webseite aus. Genau hier setzt das Projekt All-Polymer an. Professor Katharina Spraul vom Lehrstuhl BWL, insbesondere Sustainability Management, an der TUK beschreibt die Ausgangslage: „In der EU fallen jährlich rund 26 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an, von denen weniger als 30 Prozent für das Recycling gesammelt werden. Entsprechend groß ist die Notwendigkeit die Ressourceneffizienz von Kunststoffen zu erhöhen und Rezyklaten zu mehr Einsatz zu verhelfen. Jedoch lassen sich Primärkunststoffe häufig nicht einfach durch Rezyklate, die auch ‚Sekundärkunststoffe‘ genannt werden, ersetzen. Recyclingkunststoffe sind in der Regel weniger leistungsfähig als Neuware. Eine naheliegende Lösung ist die Aufwertung der Sekundärkunststoffe durch thermoplastische Faserverbundmaterialien. Doch diese sind häufig nicht recycelbar, sodass sie nach ihrem Einsatz nicht mehr kreislauffähig sind.“

Die Projektpartner haben sich dieser Herausforderung angenommen. Ziel des Projekts All-Polymer war es, voll recyclingfähige faserverstärkte Kunststoffprodukte zu entwickeln, sodass in diesen Primär- durch Sekundärkunststoffe ersetzt werden und Rezyklate neuen Anwendungen zugeführt werden können. Hierzu wurden aus den drei großen Bereichen der Kunststoffindustrie – Verpackung, Bauwesen und Automobil – Prototypen hergestellt, die durch passende Faserkunststoffbänder des Unternehmens A+ Composites aufgewertet wurden. „Der Vorteil dieser sogenannten unidirektionalen Tapes, kurz UD-Tapes, ist es, dass diese bei geringem Materialeinsatz große Einsparungen ermöglichen und viel Flexibilität bei der Wahl der Anwendung bieten“, sagt Spraul. Die Entwicklung der Prototypen wurde durch Material- und Nachhaltigkeitsuntersuchungen vervollständigt, sodass eine ganzheitliche Betrachtung im Projekt gewährleistet war.

Als Prototyp aus der Verpackungsindustrie wurde ein volumenreduzierbarer Behälter der Infinex Holding GmbH ausgewählt. Im entladenen Zustand kann der Behälter so zusammengefaltet werden, dass für die Leerfahrt auf den Platz eines vollen Behälters fünf zusammengefaltete Behälter passen. Durch All-Polymer sollte nun auch das Material, aus dem dieser Behälter besteht, zirkulär werden. „Unsere Lebenszyklusanalyse hat gezeigt, dass ein Kunststoffbehälter, der mehrzyklisch verwendet wird, gegenüber Einweg-Behältern aus Wellpappe bereits nach 18 Zyklen ökologisch vorteilhaft ist“, so Spraul. Angenommen wird dabei, dass ein Behälter durchschnittlich mehr als doppelt so viele Durchläufe schafft.

Die Stegbohle der Hahn Kunststoffe GmbH, die bereits vollständig aus Kunststoffen aus dem Gelben Sack hergestellt wird, wurde für das Projekt All-Polymer als Prototyp aus der Baubranche ausgewählt. Die Bohlen werden auf Unterkonstruktionen montiert. Durch die verbesserte Festigkeit durch die UD-Tapes ist es möglich den Auflagerabstand zu erhöhen und damit neue Anwendungsfelder zu erschließen und bei der Installation Unterzüge einzusparen.

Die Röchling Automotive GmbH stellte als assoziierter Partner den Prototypen aus der Automobil-branche zur Verfügung. Der Grundgedanke bei der untersuchten Unterbodenstruktur war mit Hilfe von glasfaserverstärkten Tapes den Leistungsabfall der Bauteile mit Rezyklat abzufangen und zusätzlich den bisherigen Anteil an Glas-Langfasern durch die Verwendung von UD-Tapes zu reduzieren. Im Projekt konnte gezeigt werden, dass ein Einsatz von UD-Tapes zu deutlichen Leistungssteigerungen führt. Bei einem Einsatz von 40 Prozent Rezyklat im Bauteil und einer Verstärkung mit UD-Tapes hat das Bauteil noch 40 bis 100 Prozent bessere Leistungskennwerte als Unterbodenstrukturen, die komplett aus neuem Kunststoff bestehen.

„Insgesamt haben wir im Projekt signifikante Verbesserungen der technischen Parameter bei den Prototypen aus Rezyklat erzielt und unser Hauptziel, Sekundärkunststoffe aufzuwerten, erreicht. Die Prozess- und Materialentwicklungen haben uns zudem gezeigt, dass die Prototypen in Serienanwendungen überführt werden können, die nicht nur auf die im Projekt betrachteten Anwendungen und Branchen übertragbar sind, sondern in vielen weiteren Anwendungen der Kunststoffindustrie, eingesetzt werden können“, fasst Spraul zusammen. „Für die Pfalz ist das Projekt All-Polymer ein großer Gewinn, da die innovativen und nachhaltigen Produktentwicklungen aus der Forschungsarbeit die Zukunft der Pfalz als Produktions- und Forschungsstandort für nachhaltige Kunststoffverarbeitung sichern. Wissenschaft und Unternehmen aus der Region können mit den Erkenntnissen direkt an umsetzbaren Lösungen für die Erhaltung unserer Natur und an der effizienten Nutzung der vorhandenen Ressourcen arbeiten.“

Die Verleihung der Preise und Urkunden für Finalisten fand am 25. November 2022 in feierlichem Rahmen im Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) in Kaiserslautern statt. (V.l.n.r.): Prof. Dr. Silke Rathgeber, Universität Koblenz, Dr. Benedikt Brand, Technische Universität Kaiserslautern, Dr.-Ing. Markus Brzeski, Jakob Görzen, A+ Composites, Ahmad Saqlain, Universität Koblenz, und Prof. Dr. Katharina Spraul, Technische Universität Kaiserslautern. Foto: UK

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